Tillerson-Rauswurf: Für die EU ändert sich wenig
13. März 2018Bei seinem letzten Besuch im Dezember in Brüssel hat die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini den amerikanischen Außenminister bewusst kühl abgefertigt. Kein Lächeln, kein Händedruck, nur einsilbige Statements. Das war man in Brüssel bislang nicht gewohnt. Jahrzehntelang haben amerikanische Außenminister, egal aus welcher Administration sie stammten, und EU-Vertreter immer die unverbrüchliche transatlantische Freundschaft gelobt und beschworen. Ein Jahr Trump-Regierung haben die Beziehungen zwischen weiten Teilen Europas und den USA auf einen Tiefpunkt gebracht. Daran konnte auch Rex Tillerson nichts ändern.
Der amerikanische Spitzendiplomat brachte mit seiner sonoren Stimme, dem singenden texanischen Akzent und seiner zurückhaltenden Art etwas Ruhe in die aufgeregten Twitterströme seines Präsidenten. In der Sache hatte der Ex-Manager aber nicht viel beizutragen. Der Eindruck bei den außenpolitischen Experten der EU-Kommission war eher, dass Präsident Trump oder seine Umgebung im Weißen Haus die Leitlinien der Außenpolitik bestimmen und Tillerson nur das vernünftige Gesicht dazu machen soll. Immerhin hatte Rex Tillerson bis zum Schluss seiner Amtszeit noch verhindert, dass der Deal mit dem Iran zur Kontrolle des Atomwaffenprogramms tatsächlich gekündigt wurde.
Kein guter Draht zu Europa
Zuletzt schien der US-Außenminister jedoch von der Politik des Präsidenten entkoppelt zu sein. Präsident Trump kündigte einen Gipfel mit der bedrohlichen Atommacht Nordkorea an, den Tillerson nicht bestätigen konnte. Tillerson musste in Europa die Verlegung der US-Botschaft nach Jerusalem verkaufen - und stieß die Verbündeten vor den Kopf. Das Verhältnis zu Russland konnte der glücklose Außenminister nicht verbessern, obwohl er zuvor als Putin-Versteher gelobt worden war. Einzelheiten diplomatischer Vorgänge wie die Bestimmungen des Minsker Abkommens zur Befriedung der Ukraine hatte Tillerson nicht parat, wenn er darüber redete. Beim G20-Gipfel in Hamburg und beim NATO-Gipfel in Brüssel versuchte Rex Tillerson immer wieder, die drastischen Äußerungen seines Chefs hinterher ein wenig abzumildern. In der Sache ändern konnte er kaum etwas.
Bei seinem Besuch in Brüssel sprach er auch zu den Mitarbeitern seiner Botschaft und räumte ein, dass die USA im ersten Amtsjahr von Donald Trump keine "nennenswerten Durchbrüche" geschafft hätten, aber immerhin besser aufgestellt seien, "America first" zu verteidigen, als unter Präsident Obama. Die Milchmädchenrechnung von Präsident Trump zur Lastenverteilung in der NATO plapperte Tillerson nach und wiederholte sie bei jeder NATO-Tagung. Die Verpflichtung, zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes für Verteidigung auszugeben, hatten die NATO-Verbündeten schon lange anerkannt. Das Gerede über angebliche Schulden der NATO bei den USA für zurückliegende Jahre aber war einfach nur falsch. Oft hatte man den Eindruck, Tillerson wiederholte außenpolitische Thesen, von denen er selbst nicht so überzeugt war. "Der Mann hat erfolgreich Exxon geführt, ein Unternehmen mit Milliarden-Umsätzen. Der ist ja nicht doof, aber vielleicht ohne politisches Geschick", mutmaßten EU-Diplomaten schon im Sommer 2017.
Abgang kam nicht überraschend
Der Rauswurf von Rex Tillerson aus dem Trumpschen Kosmos ist für viele Beobachter in Brüssel keine Überraschung. Spätestens seit Tillerson den Präsidenten im Sommer 2017 einen "moron", einen Idioten, genannt haben soll, war klar, dass er irgendwie amtsmüde sein müsste. EU- und NATO-Diplomaten konnten dann in amerikanischen Zeitungen lesen, dass Trump Tillerson nicht direkt feuern wollte, sondern noch ungefähr ein Jahr im Amt lassen wolle, weil das besser aussähe. Dieses Jahr ist jetzt offenbar abgelaufen.
Ob das Arbeiten mit dem neuen Außenminister Mike Pompeo anders wird, weiß man in Brüssel im Stab der Außenbeauftragten Federica Mogherini natürlich noch nicht. Offizielle Äußerungen gibt es nicht. Die NATO, in der die USA als wichtigste Militärmacht traditionell den Ton angeben, teilte mit, sie kommentiere Personalentscheidungen in den Mitgliedsländer nicht. Aber auch im NATO-Hauptquartier fragt man sich, was jetzt anders werden könnten. Immerhin hatte Tillerson sich ja im Grundsatz zur transatlantischen Bündnistreue und zur Beistandspflicht bekannt. Das hatte auch Präsident Trump nach anfänglichem Zögern beim NATO-Gipfel im Mai fertiggebracht.
Das Fass zum Überlaufen brachte für Rex Tillerson wahrscheinlich der Handelskrieg über Stahl, Aluminium und Fahrzeuge, den Präsident Trump den Europäern und anderen Weltregionen androht. In vertraulichen Gesprächen mit Kongressabgeordneten hatte sich der ehemalige Unternehmer Tillerson klar gegen Strafzölle auf Stahl und Aluminium ausgesprochen. Das könnte Trump ihm als Illoyalität ausgelegt haben.
In Brüssel wächst die Unsicherheit, wer oder was als Nächstes kommt. Da Trump offen den Brexit unterstützt und mit populistischen Parteien in Europa sympathisiert, könne man eigentlich nur mit dem Schlimmsten rechnen, glaubten EU-Diplomaten schon vor dem jähen Ende der Karriere von Rex Tillerson.