USA: TikTok wieder verfügbar, doch Verbot nicht abgewendet
20. Januar 2025TikTok ist zurück in den USA – vorerst. Zunächst war die App für kurze Zeit abgeschaltet worden. Hintergrund: Die chinesische Muttergesellschaft App ByteDance war verpflichtet worden, ihr US-Geschäft an einen amerikanischen Käufer zu veräußern.
Dann versprach der designierte US-Präsident Donald Trump öffentlich, das Verbot nach seinem Amtsantritt am Montag zunächst aufzuschieben. Nach dieser Ankündigung war die Plattform wieder verfügbar. Downloads waren jedoch weiterhin nicht möglich.
Doch die Uhr tickt weiter für die beliebte Video-App: Denn, obwohl das Unternehmen nun anscheinend Zeit gewonnen hat, muss TikTok noch immer einen Käufer finden. Andernfalls droht weiterhin ein Verbot in den USA.
Gleichzeitig warnen Verfechter digitaler Rechte, dass das Verbot einer einzelnen Plattform wenig zum Schutz seiner Nutzer beitrage - und letztlich nach hinten losgehen könnte.
TikTok in den USA - eine Frage der nationalen Sicherheit?
"Es ist ein gefährliches Spiel, das die Nutzer noch größeren Risiken aussetzt", sagt Natalie Campbell von der gemeinnützigen US-Organisation Internet Society und vergleicht es mit dem in den USA populären Spiel Whack-A-Mole: Dabei schlagen Spieler auf die Köpfe von Maulwürfen, die in Löchern auf dem Spielfeld auftauchen - doch sobald sie einen treffen, taucht ein anderer auf.
Obwohl Sicherheits- und Datenschutzbedenken zu TikTok berechtigt seien, würde ein vollständiges Verbot Nutzer zu unsicheren Umgehungslösungen treiben, so die Digitalrechtlerin gegenüber der DW: "Menschen, die von TikTok leben, werden versuchen, die Plattform weiterhin nutzen zu können."
Unklare politische Fronten
Die Verbotsdiskussion kommt zu einer Zeit, in der sich die politische Landschaft sich sehr schnell verändert.
Im April 2024 verabschiedeten US-Abgeordnete das Verbot mit parteiübergreifender Unterstützung. TikTok legte Berufung ein und argumentierte, dass das Verbot gegen die Redefreiheit verstoße. Das brachte den Fall vor den US Supreme Court. In der vergangenen Woche entschieden die obersten Richter der USA: Das Verbot sei rechtmäßig und werde am Sonntag (19.1.) in Kraft treten, sollte ByteDance seine US-Tochterfirma bis dann nicht verkauft haben.
Als Reaktion auf das Urteil teilte das Weiße Haus mit, die Umsetzung eines etwaigen Verbots müsse aus Zeitgründen von der neuen Trump-Administration übernommen werden.
Donald Trump, der während seiner ersten Amtszeit ein Verbot von TikTok befürwortet hatte, hat seine Position mittlerweile geändert. Es wird nun erwartet, dass er nach Amtsantritt von einer Gesetzesklausel Gebrauch machen wird, um das Verbot 90 Tage in die Zukunft zu verschieben.
Mehrere amerikanische Unternehmen und Investorengruppen sollen derweil Interesse an einer Übernahme der Plattform bekundet haben. Laut Bloomberg News gibt es auch Gespräche darüber, Teile von TikTok an Elon Musks Social-Media-Unternehmen X zu verkaufen. Die Übernahme würde dem Multimilliardär die Kontrolle über eine noch größere Plattform als X verschaffen und ihm damit ein weiteres Instrument in die Hand geben, sowohl seine eigenen Interessen als auch die der neuen Trump-Regierung zu pushen.
Globale Auswirkungen
Sollte es zu keiner Übernahme kommen und ein Verbot greifen, würde sich das einreihen in einen globalen Trend von Regierungen, TikTok einzuschränken.
Schon 2020 hat Indien unter Berufung auf nationale Sicherheitsbedenken ein Verbot verhängt. Seither sind Länder wie Jordanien, Kirgisistan und Nepal diesem Beispiel gefolgt; ihre Begründungen reichen von Sorge um die psychische Gesundheit von Nutzern bis hin zu Vorwürfen, dass die Plattform soziale Unruhen fördere. Zuletzt kündigte Albanien Ende Dezember an, die Plattform für ein Jahr zu sperren.
Ein Verbot in den USA könnte diesen Trend weiter verstärken, so Internet-Aktivistin Campbell, und zu einem zunehmend fragmentierten Internet führen - mit Auswirkungen weit über die Grenzen der USA hinaus: "Aufgrund des Einflusses der USA würden wahrscheinlich immer mehr Länder versuchen, auf Bedenken (gegenüber Social-Media-Plattformen) mit Verboten zu reagieren", sagt sie.
Sollen Länder Plattformen verbieten - oder sie regulieren?
Dabei würde das Verbot einer einzelnen App das zugrundeliegende Problem nicht lösen, sondern stattdessen dazu führen, dass Nutzer auf andere Dienste ausweichen, bei denen ähnliche Datenschutz- und Sicherheitsbedenken bestehen, so Campbell. In den letzten Tagen sind viele US-amerikanische TikTok-Nutzer auf konkurrierende US-Plattformen wie Instagram oder YouTube oder andere chinesische Apps wie die Lifestyle-App RedNote ausgewichen.
Stattdessen solle die US-Regierung sich auf die Verabschiedung umfassender Datenschutzgesetze konzentrieren, um User plattformübergreifend zu schützen, sagt Campbell: "Dies würde es uns ermöglichen, alle Dienste und Apps an die gleichen Standards zu binden, anstatt ein so gefährliches Spiel von Whack-a-Mole zu spielen."
Der Artikel wurde am 17.01.2025 veröffentlicht und aktualisiert.