Teheran in Bedrängnis
2. Oktober 2003Um freie und unbehinderte Kontrollen zu vereinbaren, ist eine zweiköpfigen IAEA-Delegation am Donnerstag (2.10.2003) nach Teheran gereist. Die UNO-Beamten wollen die wirklichen Absichten des Iran ergründen.
Im Zentrum stehen sein künftiges Verhalten gegenüber dem Atomwaffensperrvertrag sowie Teherans nukleare Ambitionen. Klarheit wird benötigt, bevor man in Wien entscheidet, ob der Iran im UN-Sicherheitsrat wegen Verletzung seiner internationalen Verpflichtungen angeklagt werden soll.
Iran unter internationalem Druck
Ein Einlenken Teherans wird aber vermutlich auch bei diesem Besuch nicht zu erreichen sein. Iranische Vertreter beteuern zwar schon seit Wochen, "im Prinzip" habe man nichts gegen das Zusatz-Protokoll. Staatspräsident Mohamad Khatami klagte jedoch, es sei eine "Ungerechtigkeit", dass das Ausland den Iran derart unter Druck setze.
Teheran pokert hoch in dieser Frage, denn im Gegensatz zur Situation vor dem Irak-Krieg gibt es inzwischen eine breite internationale Front: Sie reicht von den "traditionellen" Gegnern des Mullah-Regimes USA und Israel über die Europäer bis hin zu den Russen.
Letztere waren bisher sogar Teherans treueste Verbündete bei den Bemühungen um einen Ausbau des Nuklearsektors gewesen. Auch Moskau warnt Teheran jetzt vor den Folgen eines harten Kurses - und es hat wiederholt durchblicken lassen, dass es diesmal durchaus bereit sein könnte, seine Projekte im Iran zu stoppen.
Moskau verliert an Einfluss
Hinter solcher Entschlossenheit steckt sicher amerikanische "Überredungskunst". Aber was Russland auch irritiert, ist die Tatsache, dass die Islamische Republik sich längst auf dem Weg zu nuklearer Selbständigkeit befindet. Eine Kontrolle ihrer Aktivitäten durch Moskau wird dadurch immer mehr zur Illusion: Der Iran hat bereits vor Monaten bekannt gegeben, dass er über eigene Uran-Vorkommen verfüge und diese abbaue.
Auf iranischer Seite wird der Streit das Atomprogramm längst zu einer nationalen Frage hochstilisiert: Die Konservativen um den "Obersten Führer", Ayatollah Ali Khamenei vertreten dabei die harte Linie. Die trotz breiter Unterstützung im Volk weitgehend machtlosen Reformer um Präsident Khatami dagegen wären zwar grundsätzlich zum Einlenken bereit, trauen sich aber bisher nicht, weil solch vermeintlich "unpatriotisches" Verhalten auch bei der Bevölkerung falsch ankommen könnte. Einer Bevölkerung, die am 20. Februar ein neues Parlament wählen wird.
Konkurrenz der Atommächte
Natürlich fehlt auch bei diesem Streit nicht die regionale Komponente: Pakistan und Indien haben die Atombombe bereits, Saudi-Arabien wird nachgesagt, es wolle sie sich kaufen - und Israel ist längst Atommacht.
Mit Verstimmung wird im Iran die Warnung mancher Europäer registriert, Iran könne mit einem Einlenken einen möglichen israelischen Bombenangriff auf seine Atomzentren verhindern - immerhin hat Israel früher schon einmal einen irakischen Atomreaktor zerstört. Teheran wird nicht müde darauf hinzuweisen, dass Israel den Atomsperrvertrag nicht unterzeichnet habe - aber anders als der Iran keinerlei Druck des Auslandes in dieser Frage zu spüren bekomme.