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Teflon-Tony: Der kratzfeste Labour-Chef

Grahame Lucas21. Juli 2004

Viele haben sich in den vergangenen Monaten in Großbritannien gefragt, ob Blair seinen zehnten Jahrestag als Labour-Chef im Amt erleben würde. Blair hatte scheinbar selbst Zweifel. Grahame Lucas kommentiert.

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Entgegen allen Erwartungen und allen Prognosen konnte Tony Blair heute zu seinem zehnten Amtsjubiläum als Labour-Chef die Korken knallen lassen. Teflon-Tony, wie er seit längerer Zeit auf der Insel genannt wird, hat die gefährlichsten innenpolitischen Hürden des Jahres übersprungen. Gestolpert ist er, gestürzt aber nicht. Wenig von den Vorwürfen der letzten Monaten haftet an ihm.

Vor allem konnte ihm niemand nachweisen, dass er das Parlament oder die Öffentlichkeit im Vorfeld des Irak-Krieges belogen hätte. Das hat ihm zwar das Amt gerettet, aber die meisten Wähler würden zur Zeit eher einem Gebrauchtwagenhändler glauben als ihm. Ob er seine Glaubwürdigkeit wiederherstellen kann, ist völlig offen.

Er wird es aber müssen, will er sich eine dritte Amtszeit bei den nächsten Unterhauswahlen sichern. Der Parteichef hat in den vergangenen Jahren viel über seine Vision einer sozialgerechteren Gesellschaftsordnung in Großbritannien gesprochen. Nur getan hat er wenig. Die Erklärung liegt auf der Hand. Seine Arbeitsteilung mit dem Schatzkanzler und Rivalen Gorden Brown sieht vor, dass Brown das Reformtempo in Großbritannien vorgibt. Es wird nur gemacht, was Brown finanzieren kann. Das nennt er solides Haushalten.

Drosselt Brown nun das Tempo, wird es für Blair gefährlich. Denn die Wähler wollen jetzt endlich ein besseres öffentliches Bildungssystem, eine medizinische Fürsorge auf europäischem Niveau und eine bessere Transportinfrastruktur sehen. Außenpolitische Abenteuer wie im Falle des Irak sind nun für Blair definitiv tabu. Die Einführung des Euro und einer europäischen Verfassung ebenso. Wo soll er sich also profilieren?

Die Lage ist prekär, aber nicht hoffnungslos. Denn vieles, was Blair erreicht hat, verdient Anerkennung. Mitte der neunziger Jahre hat er die traditionell enge Verbindung zwischen Labour und den Gewerkschaften gekappt und damit die Grundlage für New Labour und eine Rückkehr zur Regierungsverantwortung nach 18 Jahren in der Opposition ermöglicht. Die unbeliebten und von Filz geplagten Tories konnten getrost in die Wüste geschickt werden.

Als Lady Diana starb, war es Blair, der die Monarchie vor dem staatspolitischen Selbstmord rettete, in dem er die Königin überzeugte, ihre einstige Schwiegertochter öffentlich zu würdigen. Auch seine verfassungsrechtlichen Reformen haben Geschichte geschrieben: die Reform des Oberhauses und die Schaffung regionaler Parlamente. Seine Wirtschaftspolitik ist unspektakulär aber erfolgreich. Ja, da gibt es zweifelsohne Erfolge, die Anerkennung verdienen.

Die entscheidende Frage ist, ob Blair nach zehn Jahren an der Spitze der Partei und sieben Jahren in Downing Street Nr. 10 die Kraft hat, die großen bevorstehenden Reformen des Wohlfahrtsstaats anzupacken und durchzusetzen. Dass er vor wenigen Wochen über einen Rücktritt nachdachte und dann ablehnte, spricht dafür. Angesichts einer schwachen und tief gespaltenen Opposition, die ebenfalls den Irak-Krieg geführt hätte, könnte der Wähler sich dann doch noch für Blair als den geringeren Übel entscheiden.