Erdogan verzichtet
24. April 2007Die türkische Regierungspartei AKP schickt Außenminister Abdullah Gül als Kandidaten in die Präsidentschaftswahl. Diese mit Spannung erwartete Entscheidung gab Regierungschef Recep Tayyip Erdogan am Dienstag (24.4.07) unter großem Beifall der Abgeordneten seiner islamisch-konservativen Regierungspartei AKP in Ankara bekannt. Der Ministerpräsident beendete damit Spekulationen, er werde selbst für das höchste Amt im Staat kandidieren.
Sichere Wahl
Eine Wahl Güls zum Staatspräsidenten gilt als sicher, da das Staatsoberhaupt vom Parlament gewählt wird. In der Nationalversammlung verfügt Erdogans Gerechtigkeits- und Entwicklungspartei AKP über eine absolute Mehrheit. Gül hatte nach dem Wahlsieg der AKP im November 2002 für vier Monate das Amt des Ministerpräsidenten inne. Danach übernahm Erdogan die Regierung.
Die erste Runde der Präsidentschaftswahl soll am Freitag im Parlament stattfinden, wie von Abgeordneten in Ankara verlautete. Die zweite Wahlrunde habe das Parlament für Mittwoch kommender Woche angesetzt; die dritte Wahlrunde ist demnach für den 9. Mai geplant und die vierte Runde für den 15. Mai. Um schon in einer der ersten beiden Wahlrunden gewählt zu werden, benötigt ein Kandidat die Zwei-Drittel-Mehrheit, danach reicht eine einfache Mehrheit. Der neue Präsident soll Amtsinhaber Ahmet Necdet Sezer am 16. Mai ablösen.
Die laizistische Opposition, die für eine Beibehaltung der strikten Trennung von Staat und Religion eintritt, hatte Erdogan seit Monaten gedrängt, nicht für das höchste Amt im Staat anzutreten. Erst vor zehn Tagen hatten Hunderttausende in der Hauptstadt Ankara gegen eine Kandidatur Erdogans und für eine laizistische Türkei demonstriert. Warnungen hatten auch die Armeeführung und der scheidende Präsident Ahmet Necdet Sezer ausgesprochen.
Angst vor einer Islamisierung
Die Kandidatur Güls dürfte jedoch ebenfalls das Misstrauen der laizistischen Elite der politischen Klasse und der einflussreichen Armee erregen. Die Frau des Außenministers ist eine von hunderten Türkinnen, die vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte vergeblich versucht haben, das Kopftuchverbot an öffentlichen Schulen, Universitäten und anderen staatlichen Institutionen zu Fall zu bringen.
Das Verhältnis zu der traditionellen islamischen Kopfbedeckung ist eine der Fragen, an denen die gegensätzlichen Standpunkte in der Debatte um das Verhältnis von Staat und Religion regelmäßig aufbrechen. So hatte sich der streng laizistische bisherige Präsident Ahmet Necdet Sezer stets geweigert, die Frau Erdogans im Präsidentenpalast zu empfangen, die ebenfalls das Kopftuch trägt.
Das Staatsoberhaupt hat überwiegend repräsentative Aufgaben, ist aber auch Oberkommandierender der streng säkularen Streitkräfte, ernennt wichtige Beamte und kann Gesetze blockieren. (stu)