Medienecho Seeschlacht Südkorea
12. November 2009Zumindest verbal will Nordkorea das jüngste Seegefecht gewonnen haben: Das südkoreanische Patrouillenboot sei in nordkoreanisches Gebiet eingedrungen und habe das Feuer eröffnet, dann habe das nordkoreanische Kriegsschiff zurückgeschossen, heißt es bei der staatlich gelenkten Nachrichtenagentur KCNA. Nach dem "Vergeltungsschlag" seien die Südkoreaner geflohen. Das klingt nach klassischer kommunistischer Propaganda, doch bemerkenswert ist, dass der maritime Zwischenfall ansonsten in der nordkoreanischen Außerdarstellung keinen großen Stellenwert einnimmt.
Vorrangig geht es dem staatlichen Sprachrohr darum, dass der Süden Schuld an dem jüngsten Zwischenfall trage. Mit dieser "Verschwörung" wolle das südkoreanische Militär Spannungen zwischen den beiden Ländern schüren, heißt es in der Staatszeitung "Rodong Sinmun". Südkorea müsse sich für die "schwere bewaffnete Provokation" entschuldigen. Dass es Warnschüsse gab und dass das nordkoreanische Schiff schwer beschädigt wurde, verschweigt die staatliche Nachrichtenagentur.
Südkoreas Medien fordern besonnenes Handel
Trotz der nordkoreanischen Schuldzuweisung reagieren die Medien im Süden auffällig unaufgeregt. Nordkorea sei eindeutig für den Zwischenfall verantwortlich. Insgesamt habe der Kommandant des südkoreanischen Schiffes angemessen reagiert. Rätselraten herrscht vielmehr über den Zeitpunkt des Zwischenfalls, schließlich gibt es gegenwärtig Zeichen der Annäherung der beiden Bruderstaaten.
Sogar ein innerkoreanisches Gipfeltreffen und eine Wiederaufnahme der Sechs-Parteien-Gespräche seien möglich gewesen, so die konservative Zeitung "Chosun Ilbo". Außerdem seien die USA nach jahrelangen Vorbehalten nun doch bereit, direkt mit Pyöngjang über das nordkoreanische Atomprogramm zu verhandeln. Dies ist auch zentraler Inhalt der Gespräche des US-amerikanischen Präsidenten Barack Obama mit seinem südkoreanischen Amtskollegen Lee Myung Bak nächste Woche in Seoul.
Säbelrasseln zur Unzeit
Der Zwischenfall komme zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt, meint die "Korea Times", da doch eigentlich alles auf einen Dialog hindeute. Das Blatt hält es deshalb für eine gute Idee des Verteidigungsministers, dass der sogar einen unbeabsichtigten Unfall nicht ausschließen wollte. Besonnen habe nach Ansicht der südkoreanischen Medien auch der Präsident Lee Myung Bak reagiert. Richtigerweise habe der Präsident die Streitkräfte in eine erhöhte Alarmbereitschaft versetzt, zumal es vermutlich weitere Zwischenfälle geben wird, aber ansonsten habe er die Lage nicht weiter zugespitzt. Südkorea dürfe sich auf keinen Fall provozieren lassen, meint die konservative "Chosun Ilbo". Schließlich habe Nordkorea die Seegrenze zum Süden allein in diesem Jahr bereits 22 Mal mutwillig überschritten.
Selbstbewusst und gesprächsbereit
Eine Eskalation der Lage schade beiden Seiten, so die einheilige Meinung in Südkoreas Medien und Politik. Dies sei wohl auch der Grund, warum der Premier den Zwischenfall in der Nationalversammlung bewusst heruntergespielt habe, mutmaßt die Zeitung "Korea Herold". Das südkoreanische Militär dürfe keine Provokation dulden, es dürfe seinerseits aber auch nicht provozieren. Es sei ein ein Fehler von Pyöngjang zu glauben, mit Säbelrasseln seine Verhandlungsposition stärken zu können. Bei den beiden liberalen Vorgängerpräsidenten möge das geklappt haben, so die Zeitung "Korea Herold", aber bei dem gegenwärtigen, konservativen Präsidenten Lee Myung Bak werde Nordkorea mit dieser Strategie auf Granit beißen.
Autor: Alexander Freund
Redaktion: Miriam Klaussner