Auf Annäherungskurs
3. Januar 2019Sieben Jahre ist es her, dass Syrien aus der Arabischen Liga ausgeschlossen wurde. Damals riefen die arabischen Staaten ihre Botschafter aus dem Land zurück, die Golfstaaten schlossen ihre diplomatischen Vertretungen in Syrien sogar ganz. Ziel war, das Assad-Regime international zu isolieren. Vor allem sollte es daran gehindert werden, seine Beziehungen zum schiitisch geführten Iran weiter auszubauen, dem Hauptrivalen der sunnitisch geprägten Nahost-Staaten.
Doch noch immer ist Baschar al-Assad der Präsident Syriens und allmählich gewinnt sein Regime die Kontrolle über einen Großteil des Landes zurück. Eine Entwicklung, die in vielen Hauptstädten der Welt zu einem Strategiewechsel führt. So wollen sich führende arabische Staaten mit Assad aussöhnen. Denn eines ist unübersehbar: An ihm, der mit Unterstützung Russlands, des Irans und der Hisbollah inzwischen über zwei Drittel des Landes kontrolliert, kommt bei Gesprächen zur Zukunft Syriens niemand mehr vorbei.
Für Assad wäre ein normalisiertes Verhältnis zu den arabischen Staaten ein Triumph. An dessen Ende könnten sogar finanzielle Zuwendungen stehen, die das Regime in Damaskus dringend braucht, weil es durch die westlichen Sanktionen geschwächt ist. Die Regierung benötigt rund 350 Milliarden Euro, um das vom Krieg zerstörte Land wieder aufzubauen.
Positive Signale aus Kuwait
Jüngste Anzeichen, dass die diplomatische Isolation Syriens ihrem Ende entgegengehen könnte, ist die Erklärung Kuwaits vom Montag, dass eine Reihe arabischer Länder ihre Botschaften in Damaskus wieder öffnen würden. Kuwaits stellvertretender Außenminister Khaled Al-Jarallah sagte, er erwarte ein "Tauwetter" in den Beziehungen zwischen Syrien und den ölreichen arabischen Golfstaaten. "Immer weitere Nationen wollen ihre Botschaften in Damaskus wieder öffnen", zitiert ihn die staatliche Nachrichtenagentur KUNA.
Zuvor hatten bereits die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) ihre Botschaft in Damaskus wiedereröffnet. Und auch Bahrain erklärte, es wolle diesem Beispiel folgen.
Die neue Situation in der Region erfordere eine "arabische Präsenz und Kommunikation" in Syrien, so ein Sprecher der VAE, die enge Verbündete Saudi-Arabiens sind. Es bestehe die Gefahr einer regionalen Einmischung in "arabische und syrische Angelegenheiten", hieß es unter Anspielung auf die Aktivitäten des Iran und der Türkei in Syrien. Denn der Iran hat neben Russland entscheidend zum politischen Überleben Assads beigetragen. Die Türkei unterstützt zwar noch immer Rebellengruppen, hat jedoch das Ziel aufgegeben, Assad zu stürzen.
Die Golfstaaten, vor allem Katar und Saudi-Arabien, waren die wichtigsten finanziellen und militärischen Unterstützer derjenigen Aufständischen, die Assad stürzen wollen - eine Politik, die häufig mit den USA abgesprochen war. Nun aber stellt sich die Situation ganz neu dar. Sie ist auf das Engste verknüpft mit den jüngsten Wendungen der US-Nahost-Politik. Bereits 2017 hatten die USA die verdeckte Unterstützung syrischer Rebellengruppen aufgegeben. Im Dezember hatte Präsident Donald Trump zudem angekündigt, die rund 2000-Soldaten-starke US-Truppe aus dem Nordosten Syriens zurückzubeordern.
Außerdem haben die syrischen Kurden - die bislang den Norden Syriens weitgehend kontrollieren - angesichts eines drohenden türkischen Einmarsches das Regime in Damaskus um Hilfe gebeten. Dies wertet Assad ebenfalls weiter auf.
Neue Schlüsselrolle für Saudi-Arabien?
Auch Syriens Verhältnis zu Ägypten steht möglicherweise vor einem Neustart. Jedenfalls reiste der syrische Geheimdienstchefs Ali Mamluk im Dezember nach Kairo.
Zugleich verbessern sich auch die Beziehungen zum Sudan. So war der sudanesische Präsident Omar al-Baschir im Dezember der erste arabische Staatsmann, der seit Ausbruch des Bürgerkriegs nach Damaskus kam. Auch der Handel zwischen Syrien und dem Nachbarland Jordanien hat in den vergangenen Wochen nach der Wiedereröffnung eines Grenzübergangs wieder begonnen.
Vor allem aber kommt es nun auf den Kurs Saudi-Arabiens an, des größten Rivalen von Assad-Unterstützer Iran. Der saudische außenpolitische Kurs könnte nun für eine Wiederannäherung der arabischen Welt an Syrien entscheidend werden.
Sorgen wegen der neuen Macht des Iran
Hinter der neuen Kontaktaufnahme dürfte das Bemühen der arabischen Länder stehen, den Einfluss des Irans in Syrien zurückzudrängen. Dabei kommt ihnen der Umstand entgegen, dass die iranische Wirtschaft aufgrund der US-Sanktionen unter erheblichem Druck steht und die Fördergelder nicht mehr so üppig nach Damaskus fließen können. Die arabischen Golfstaaten hingegen verfügen über die Mittel, die für den Wiederaufbau Syriens nötig sind.
Allerdings hieß es in dieser Woche aus Damaskus, öffentliche und private Unternehmen aus dem Iran erhielten beim Wiederaufbau des Landes eine Vorzugsbehandlung. Beide Seiten hätten ein Abkommen über wirtschaftliche Zusammenarbeit unterzeichnet, das nun greifen werde.
Bahram Ghassemi, der Sprecher des iranischen Außenministeriums, nannte die arabische Annäherung an Syrien eine positive Wende. Damit werde signalisiert, dass die internationale Gemeinschaft die territoriale Integrität Syriens anerkenne und die Assad-Regierung als legitime Vertretung des Landes respektiert.
Es ist unklar, ob und wenn ja, wann die Arabische Liga Syrien wieder aufnehmen wird. Am 6. Januar steht in Kairo ein Treffen der ständigen Vertreter des Staatenbundes an. Am 19. und 20. Januar findet in der libanesischen Hauptstadt Beirut der Arabische Wirtschaftsgipfel statt; und über die Teilnahme Syriens wird Berichten zufolge verhandelt. Das Treffen in Beirut könnte ein Test für den im März geplanten Gipfel der Arabischen Liga in Tunesien sein.