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Weltwirtschaftsgipfel

8. Juli 2009

In der von einem Erdbeben zerstörten italienischen Stadt L´Aquila hat am Mittwoch das diesjährige Treffen der G8 begonnen. Womöglich ist es das letzte Treffen dieser Art.

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Ein Mann sitzt vor einem Zelt. Nach dem Erdbeben im April sind immer noch tausende Einwohner des Ortes L'Aquila obdachlos.(Foto: AP)
Viele Menschen aus L'Aquila müssen immer noch in Zelten wohnenBild: AP

Gipfeltreffen brauchen Symbole. Die zerstörte Altstadt von L´Aquila ist so ein Symbol. Es ist kein Leben mehr in der Hauptstadt der Abruzzen-Region – die meisten der 73.000 Einwohner haben ihre Häuser verlassen. Überall sind die blauen Zelte des Katastrophenschutzes zu sehen. Dort versuchen die Menschen irgendwie über die Runden zu kommen. Doch nicht nur L´Aquila wurde von dem Erdbeben vor drei Monaten schwer getroffen, auch viele Dörfer in der Umgebung wurden verwüstet.

Foto von zerstörten Häuser der Stadt L'Aquila nach dem Erdbeben im April (Foto: AP)
L'Aquila nach dem Erdbeben im AprilBild: AP

Besuch in einem zerstörten Dorf

Onna ist so ein Dorf. Es wurde vom Beben zu 90 Prozent zerstört, 45 der 300 Einwohner kamen in den Trümmern um. Zu Onna hat Deutschland eine ganz eigene Beziehung: Während des Zweiten Weltkrieges hatte die deutsche Wehrmacht 17 Einwohner kaltblütig erschossen. Vielleicht auch als eine Art späte Wiedergutmachung gedacht, wird die Dorfkirche mit deutscher Hilfe wiederaufgebaut. Vor Beginn des G8-Gipfel ließ sich Bundeskanzlerin Angela Merkel am Mittwoch (08.07.2009), begleitet von Gastgeber Silvio Berlusconi, durch Onna führen, versprach weitere Hilfe und fuhr dann hinüber nach L´Aquila.

G8 ist ein überholtes Format

Maskierte Demonstranten auf den Philippinen, die gegen den G8 Gipfel protestieren (Foto: AP)
Auch auf den Philippinen gibt es G8 KritikerBild: AP

In den Gesprächen dort ging es dann auch um etwas, was am Boden liegt: Die Weltwirtschaft nämlich. Hier spielen die führenden Industrienationen der Welt, wie sich die G8 ja selbst nennen, nun eine seltsame Rolle: Die Krise wurde in ihren Ländern gemacht, aber allein lösen können die Acht die Probleme nicht. Daher reichte es nur zu Appellen, bei der Reform der Finanzmärkte nicht nachzulassen, und das umzusetzen, was die Weltfinanzgipfel der G20-Gruppe beschlossen hätten.

Diese G20, das scheint das künftige Format zu sein, in dem wohl auch die G8 aufgehen werden. Denn ohne die aufstrebenden Volkswirtschaften wie China, Indien und Brasilien geht nichts mehr in der Weltwirtschaft. Der Gruppe der Acht – so hat es die Bundeskanzlerin festgestellt – kommt wohl nur noch als eine Art Vorbereitungstreffen zusammen.

Stockende Aufräumarbeiten

Das Treffen in L´Aquila gleicht ein bisschen der Stimmung in der geschundenen Stadt: Überall sieht man Baugerät und Arbeiter, die versuchen, die Schäden zu beheben. Aber auch drei Monate nach dem Beben ist noch kein allzu großer Fortschritt erkennbar. Ähnlich den Aufräumarbeiten nach dem großen Finanzmarkt-Crash: Hoffnung ja, aber wirkliche Fortschritte sind noch nicht erkennbar.

Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi (Foto: AP)
Silvio Berlusconi nutzt den Gipfel zur ImagepflegeBild: AP

Natürlich nutzt der große Selbstdarsteller Silvio Berlusconi den Gipfel in seinem Heimatland zur Imagepflege. Das Treffen sollte eigentlich ganz luxuriös auf der der Inselgruppe Maddalena vor Sardinien stattfinden – aber dann entschied Italiens Premier nach dem Beben in den Abruzzen, den Gipfel hierher zu verlegen. Eine Schule der Finanzpolizei dient jetzt als Tagungsort – und statt Übernachtung auf dem Kreuzfahrtschiff gibts für Obama, Merkel und Co jetzt Unterkunft auf dem Standard einer Jugendherberge. Passend zur Krise eben.

Millionenteure Sicherheit

15.000 Sicherheitskräfte sorgen dafür, dass nichts den Gipfel stören kann. Schon auf der Autobahn von Rom nach L´Aquila sind auf jeder Brücke und an jeder Ausfahrt Carabinieri stationiert. 90 Millionen Euro soll der Einsatz kosten, und die Menschen in L´Aquila fragen sich, ob das Geld nicht besser in den Wiederaufbau ihrer Altstadt hätte fließen können. Mit größeren Ausschreitungen rechnet in L´Aquila niemand, eher schon im 100 Kilometer entfernten Rom.

Am Freitag, dem letzten Gipfeltag, wollen Nichtregierungsorganisationen allerdings am Gipfelort demonstrieren. Sie wollen vor allem Silvio Berlusconi daran erinnern, seine Versprechen in Sachen Entwicklungshilfe einzuhalten: Denn ausgerechnet der Gastgeber hat seine Afrika-Hilfe im vergangenen Jahr um 580 Millionen US-Dollar gekürzt.

Autor: Henrik Böhme, z.Zt. L´Aquila

Redaktion: Insa Wrede