Grenzen dicht?
9. Dezember 2009Das Verbot von Minaretten war nur ein Etappensieg für die Schweizerische Volkspartei SVP. Der rechtskonservativen Partei geht es um mehr als nur eine neue Bauvorschrift. Auf dem Prüfstein stehe die gesamte Ausländerpolitik der Schweiz, sagte SVP-Parteichef Toni Brunner auf einem Parteitag in Pfäffikon (06.12.2009).
Mehr Hürden für EU-Bürger auf Arbeitssuche
Die Partei hat zehn parlamentarische Vorstöße in den Nationalrat eingebracht - alle im Bereich der Ausländerpolitik. Sie will unter anderem über die Einwanderung diskutieren. Bislang erlaubt es das so genannte Personenfreizügigkeitsabkommen den EU-Bürgern, ohne größere bürokratische Hürden in der Schweiz zu arbeiten. Von diesem offenen Arbeitsmarkt profitieren vor allem die Deutschen.
Doch das soll sich ändern, wenn es nach der SVP geht. Zu viele Ausländer seien inzwischen ins Land gekommen, heißt es. Arbeitslose Ausländer, die in der Wirtschaftskrise ihren Job verloren haben, blieben im Land und würden so zu einer Belastung der Sozialkassen, sagt der Genfer SVP-Nationalrat Yves Nidegger. "Wir wollen diesen Vertrag im Grunde kündigen, denn er nimmt dem Staat die Möglichkeit, seine Bevölkerung vor einer allzu großen Konkurrenz von Arbeitnehmern aus den Nachbarländern zu schützen. Wir wollen stattdessen wieder zu einer Form von Kontingenten zurückkommen."
Diese Kontingente, die den Zuzug von bestimmten Gruppen in die Schweiz begrenzte, waren im Frühjahr 2007 abgeschafft worden.
Neuer SVP-Vorstoß: Abschiebungen
Auch die bürgerlichen Parteien haben erkannt, dass sie mit dem Thema Ausländer Wähler motivieren können. Der Parteichef der christdemokratischen CVP, Christophe Darbellay, fordert beispielsweise, die so genannte Ventilklausel anzuwenden: Die Schweiz kann den Zuzug von ausländischen Arbeitskräften kurzfristig begrenzen. 2009 wurde die Klausel nicht angewandt, doch der Bundesrat zieht sie für das kommende Jahr in Betracht.
Die rechtskonservative SVP geht inzwischen einen Schritt weiter: Sie will, dass das Volk darüber abstimmt, ob straffällig gewordene Ausländer einfach abgeschoben werden können. Die kleine Kammer des Schweizer Parlaments wird sich am Donnerstag (10.12.2009) mit diesem Vorstoß, der Ausschaffungsinitiative, befassen. Verfassungsrechtler warnen bereits vor dem nächsten Konflikt mit dem internationalen Völkerrecht. Denn wie könne man einen Menschen in ein Land abschieben, in dem ihm die Folter drohe, fragen die Juristen.
Volksentscheide vorab prüfen
Es müsse vorab verschärft geprüft werden, welche Volksentscheide in der Schweiz zur Abstimmung kommen, fordert nun die sozialdemokratische Genfer Abgeordnete Maria Roth-Bernasconi. "Wir dürfen solche Fragen nicht weiterhin dem Volk stellen. Der Rechtsstaat muss dem Volk sagen können, es gibt gewisse Rechte, die dürfen nicht angetastet werden. Menschenrechte sind unverhandelbar und gelten überall, sowohl in der Schweiz als auch im Ausland."
Über was darf das Volk abstimmen? Mit dieser Frage wird sich die Schweiz im Rahmen der geplanten Ausschaffungsinitiative beschäftigen müssen.
Autor: Pascal Lechler
Redaktion: Julia Kuckelkorn