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Studiogast Dr. Sven-Olaf Moch

Suryo Buono25. September 2011

Zu Gast im Studio ist Dr. Sven-Olaf Moch vom Deutschen Elektronen-Synchrotron DESY

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DW: Dr. Sven-Olaf Moch, Sie beschäftigen sich am DESY, also dem größten deutschen Beschleuniger, mit Elementarteilchen und suchen auf theoretische Weise nach dem Higgs. Es gibt Physiker, die gehen skurrile Wetten ein, dass in den nächsten Jahren etwas am LHC in CERN gefunden wird. Der Physikprofessor Rainer Wallny sagte er würde glatt einen alten Hut verspeisen, wenn in den nächsten 5 Jahren nichts passieren sollte. Glauben Sie auch, dass man etwas Spannendes finden wird?

Sven-Olaf Moch: Also ich bin der festen Überzeugung, dass man am LHC in den nächsten Jahren spannende, neue Resultate erreichen wird. Und ich glaube, Herr Wallny wird nicht Gefahr laufen, den Hut essen zu müssen. Die Chance, dass er seine Wette einlösen muss, ist, meiner Meinung nach, sehr gering. Also er ist auf der sicheren Seite.

DW: Eines der zentralen Dinge, die man sucht am LHC, ist das Higgs, das berühmte Gottesteilchen, das allen Dingen Masse verleiht.

Sven-Olaf Moch: Ja, das Higgs ist bislang .als theoretisches Teilchen postuliert worden. Wir suchen es, wir wollen gerne beweisen, dass es existiert. Aber es ist sehr, sehr fundamental, weil wir davon ausgehen, dass das Higgs-Teilchen dafür verantwortlich ist, dass alle Elementarteilchen, so wie wir sie kennen, tatsächlich eine Masse haben.

DW: Das sehen wir doch schon. Also nicht nur Elementarteilchen, alle Dinge haben Masse. Warum haben Physiker sozusagen ein Problem damit, den Dingen diese Masse zuzugestehen?

Sven-Olaf Moch: Sie haben recht, wir können Sachen wiegen, wir können sie auf die Waage legen. Für Elementarteilchen ist das Ganze etwas komplizierter. Wir haben ein Modell, das sogenannte Standardmodell, was uns die bisher bekannte Welt der Elementarteilchen beschreibt. In diesem Modell ist das Higgs-Teilchen ein integraler Bestandteil, und wenn wir es nicht finden, dann ist das Modell falsch. Wenn wir es finden, haben wir damit eine wichtige Komponente dieses Modells bestätigt.

DW: Was müssten Sie tun, wenn Sie es nicht finden? Modell falsch heißt, unsere ganze Beschreibung der Welt ist sozusagen verkehrt?

Sven-Olaf Moch: Dann ist diese Art und Weise, die wir hier bislang vorgeschlagen haben oder uns vorstellen, um Elementarteilchen eine Masse zu geben, so nicht realisiert in der Natur. Wir müssten uns andere Mechanismen überlegen.

DW: Ja, das ganze Standardmodell der Elementarteilchenphysik stünde damit ja auch auf dem Prüfstand…

Sven-Olaf Moch: …wäre dann bei den hohen Energien, die im Moment am Large Hadron Collider (LHC) untersucht werden, in diesem Bereich nicht mehr gültig. Das wäre eine Konsequenz davon, wenn man also das Higgs-Boson in der Form, wie es vorgeschlagen ist, nicht findet. Aber wir gehen davon aus, dass wir in dem Energiebereich am LHC ein neues Phänomen sehen werden. Und da sind wir sehr hoffnungsvoll.

DW: Man gibt da ja sehr viel Geld aus. Nun sind wir alle begeistert von Grundlagenforschung und finden das auch wichtig, aber überkommen Sie da nicht manchmal auch Zweifel, dass vielleicht 3 Milliarden Euro für einen solchen Beschleuniger, um dann am Ende dieses eine Teilchen zu bestätigen oder auch nicht, nicht ein bisschen viel ist?

Sven-Olaf Moch: Also wir sind hier in der glücklichen Lage in der Wissenschaft, wirklich durch die Beantwortung dieser einen Frage mit ja oder nein neue Erkenntnis zu bekommen. Und die Beantwortung dieser Frage würde uns neues Wissen geben und wird uns ermöglichen, unser Verständnis der Welt zu erweitern. Und man muss es in einem breiteren Kontext sehen, denn wir werden damit Neues lernen können und vor dem Hintergrund dessen, was wir an Erkenntnisgewinn erreichen, sind die Kosten, meiner Meinung nach, gerechtfertigt.

Interview: Ingolf Baur