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Zschäpe will Anwalt Heer entlassen

21. Juli 2015

Beate Zschäpe setzt die Konfrontation mit ihren Rechtsanwälten fort: Nach dem Eklat vom Montag hat die Hauptangeklagte im Münchner NSU-Prozess nun die Entpflichtung ihres Verteidigers Wolfgang Heer beantragt.

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Beate Zschäpe (2. v. r.) mit ihren Pflichtverteidigern Sturm, Stahl und Heer (v.l.) (Foto: dpa)
Beate Zschäpe (2. v. r.) mit ihren Pflichtverteidigern Sturm, Stahl und Heer (v.l.)Bild: picture-alliance/dpa/A. Gebert

Im NSU-Prozess ist auch am 220. Verhandlungstag der Streit um die Verteidigung der Hauptangeklagten weitergegangen: Über ihren derzeitigen Vertrauensanwalt Mathias Grasel forderte Beate Zschäpe das Gericht vor der Verhandlung auf, ihren Pflichtverteidiger Wolfgang Heer zu entlassen.

Der Antrag wurde im Gerichtssaal zunächst nicht erörtert, weil sich das Gericht als erstes mit Zschäpes weiterem Antrag auf eine neue Sitzordnung befasste. Die Angeklagte setzte sich damit durch, dass Grasel und sie an der linken Seite der Anklagebank sitzen dürfen, daneben zunächst Anwalt Wolfgang Stahl, dann Heer und Anwältin Anja Sturm. Anschließend wurde die Verhandlung unterbrochen.

Belastetes Verhältnis

Am Montag hatte Heer zusammen mit den beiden anderen ursprünglichen Verteidigern Zschäpes, Stahl und Sturm, selbst seine Entpflichtung beantragt. Den Antrag lehnte das Gericht aber als zu pauschal ab. Damit müssen die drei Zschäpe gegen ihren eigenen Willen und auch gegen den Willen Zschäpes weiter verteidigen - die mutmaßliche Rechtsterroristin hatte bereits in der Vergangenheit die Entpflichtung ihrer Verteidiger beantragt.

Zschäpe muss sich in dem Prozess für die zehn Morde verantworten, die die Bundesanwaltschaft dem "Nationalsozialistischen Untergrund" (NSU) vorwirft. Das Vertrauen Zschäpes zu den drei Verteidigern, die sie seit Prozessbeginn vertreten, gilt seit längerer Zeit als belastet. Sie hatte vergangenes Jahr schon einmal ihren Anwälten das Misstrauen ausgesprochen. Das Gericht hatte ihre Entlassung aber abgelehnt.

Beate Zschäpe muss sich weiter von ihren drei ursprünglichen Anwälten vertreten lassen (Foto: AFP)
Beate Zschäpe muss sich weiter von ihren drei ursprünglichen Anwälten vertreten lassenBild: Reuters/M. Rehle

Rechtsanwalt Heer gab mit Blick auf den Antrag vom Montag an, eine "optimale Verteidigung" seiner Mandantin sei "nicht mehr möglich". Konkrete Gründe wollten weder er noch Stahl und Sturm nennen. Die Anwälte beriefen sich auf ihre anwaltliche Schweigepflicht, von der Zschäpe sie nicht entbunden habe.

Vor zwei Wochen hatte das Gericht nach einer längeren Vertrauenskrise zwischen Zschäpe und ihren Verteidigern den Münchner Anwalt Mathias Grasel als vierten Pflichtverteidiger beigestellt. Der Vorsitzende Richter Manfred Götzl begründete seinen Beschluss mit der Bemerkung, Heer, Stahl und Sturm hätten ihren Wunsch auf Entpflichtung "nicht einmal in groben Umrissen" konkretisiert. Daher habe er ihren Antrag "zur Sicherung des Verfahrens" ablehnen müssen. Die Bundesanwaltschaft und Vertreter von NSU-Opfern hatten nach dem Antrag des Juristen-Trios gefordert, es nicht aus der Pflicht zu entlassen. Zschäpe ließ über ihren Anwalt Grasel mitteilen, dass sie dem Ansinnen von Heer, Stahl und Sturm "nicht entgegentreten will".

Im Juni hatte Zschäpe der Anwältin Sturm vorgehalten, diese habe vertrauliche Informationen öffentlich im Gerichtssaal erörtert und sie psychisch "massiv unter Druck" gesetzt. Die Juristin wies die Vorwürfe zurück und hatte dabei Rückendeckung von den beiden anderen Verteidigern Heer und Stahl erhalten.

Als Zeugen waren am Dienstag eine Kriminalermittlerin und ein früherer Angehöriger der Neonaziszene in Jena geladen.

stu/cw (afp, dpa)