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Strammstehen im Kinderzimmer

Max Hofmann18. Oktober 2002

Nur keine amerikanischen Soldaten verletzen! Sonst gibt es Strafpunkte. Schließlich wird hier nicht zum Spaß vor dem Computer gesessen, sondern fürs Vaterland. "America's Army" marschiert.

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"America's Army" - kostenlos und unverbindlich?Bild: AP

Die Truppe in Gang setzen kann jeder. Schließlich soll der Nachmittag unterhaltsam, spannend und bunt sein. Casey Wardynski, der Erfinder von "America's Army", beschreibt auf Anfrage gerne, wie es funktioniert: "Im Moment können die Kids 18 Missionen durchspielen. In vier davon gibt es Kampfsimulationen. Hier stehen sich zwei Lager gegenüber und man kann den anderen Schaden zufügen. Alle anderen sind Trainingsmissionen. Diese Balance entspricht ungefähr dem, was ein normaler Infanterist von der Armee mitbekommt."

Join the Army!

Das Spiel wird kostenlos von den GIs verteilt. So einfach ist das: Am Computer Blut lecken und dann auf die wirkliche Armee umsteigen. Dieser Plan wird durch verschiedene Angebote rund um das Computerspiel unterstützt. Durch den direkten Internet-Link zu den offiziellen Bewerbungsunterlagen zum Beispiel. Oder den Veteranen-Chat. Hier können sich Computerkids mit alten Haudegen unterhalten. Aber wozu der ganze Aufwand? "Wir wollen das Spiel verwenden, um die Tatsache auszugleichen, dass immer weniger ehemalige Armeeangehörige in Amerika herumlaufen", erklärt Wardynski trocken.

Eine allgemeine Wehrpflicht gibt es in den USA schon seit den 1970er Jahren nicht mehr. Die US-Army ist inzwischen 40 Prozent kleiner als noch vor 20 Jahren. Ergo: Sie braucht dringend neue Rekruten. Wenn die junge Generation aber nicht freiwillig zur Armee kommt, dann kommt die Armee eben zu ihnen. Wenn es sein muss, mit Hilfe des Computerbildschirms. Wird sie dadurch attraktiver? Hartmut Gieselmann, Autor des Buches "Der virtuelle Krieg", verdeutlicht den Propagandaeffekt. "Man sieht in den Kämpfen keine Verletzten, keine Leichen, es wird keine Gewalt gezeigt: Wenn man einen Gegner trifft, setzt der sich einfach zu Boden. Der Krieg soll möglichst sauber dargestellt werden, damit es keine kritischen Stimmen gibt."

Perfekte Werbung

"America’s Army" ist weit mehr als nur ein Ballerspiel. Bei vielen Übungen wird nicht geschossen. Hier sollen Werte wie Kameradschaft und Disziplin vermittelt werden. Das kommt gut an in den USA. Und die technische Umsetzung ist perfekt. Kein Wunder: immerhin hat die Army bisher sieben Millionen Dollar in das Spiel gesteckt. "Die Grenzen verschwimmen. Es ist sehr professionell", beurteilt Gieselmann das Spiel. "Das Spiel ist in den USA ab 13 Jahren freigegeben. Gerade Tennager sind sehr begeistert davon, dass das Spiel technisch auf dem neuesten Stand ist."

Gieselmann hat sich auch das Echo in der Presse angesehen. Dort gibt es kaum kritische Stimmen, es wird nur von der begeisternden Videospieltechnik gesprochen. Knapp eine Million Fans hat America’s Army momentan weltweit. Für die entwickeln die Militärprogrammierer derzeit eine neue Version. Darin soll es auch eine Erste-Hilfe Übung geben. Falls mal doch ein amerikanischer Soldat verletzt werden sollte.