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Straßenschlachten nach Wahl in Moldawien

7. April 2009

Zwei Tage nach der Wahl in Moldawien haben Oppositionelle das Parlament gestürmt. Bei Krawallen kam eine Frau ums Leben, mindestens 50 Menschen wurden verletzt. Russland und die EU riefen zur Ruhe auf.

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Ein anti-kommunistischer Demonstrant zeigt sich siegesgewiss vor dem Parlamentsgebäude in Chisinau (Foto: AP)
Ein anti-kommunistischer Demonstrant vor dem Parlamentsgebäude in ChisinauBild: AP

Nach dem Sieg der Kommunisten bei der Parlamentswahl vom Sonntag ist die Lage in Moldawien am Dienstag (07.04.2009) eskaliert. Gewalttätige Regierungsgegner stürmten das Parlament und den Präsidentensitz in der Hauptstadt Chisinau. Tausende Demonstranten lieferten sich Straßenschlachten mit der Polizei. Dabei wurden nach Angaben von Rettungskräften mindestens 50 Menschen verletzt. Der staatliche Sender Moldova 1 berichtete, eine Frau sei bei einem Feuer im Parlamentsgebäude erstickt.

Parlamentsgebäude gestürmt

Demonstranten stoßen in Chisinau auf Polizisten (Foto: dpa)
Aufgebrachte Demonstranten treffen auf PolizistenBild: picture-alliance/ dpa

Die überwiegend jugendlichen Demonstranten zerschlugen zahlreiche Fensterscheiben und warfen Möbel und Computer aus dem Parlamentsgebäude, die sie dann in Brand steckten. Die Polizei setzte zwar Tränengas und Wasserwerfer ein, konnte die Oppositionellen aber nicht am Eindringen in die Gebäude hindern. Die Demonstranten skandierten "Freiheit", "Nieder mit den Kommunisten" und "Wir wollen zu Europa gehören", andere verbrannten Fahnen der Kommunistischen Partei und die Flagge der ehemaligen Sowjetunion.

Während die Menschenmenge Präsident Vladimir Voronin Wahlfälschung vorwarf und Neuwahlen forderte, sprach die Regierung von einem "versuchten Staatsstreich". Voronin warnte vor einem "Blutvergießen" und einer Destabilisierung des Landes. "Die Aktionen sind gezielt organisiert und finanziert", sagte er. Am Abend teilte die Polizei mit, sie habe die Lage unter Kontrolle.

Die Europäische Union und Russland äußerten sich besorgt über die Ausschreitungen und riefen dazu auf, Ruhe zu bewahren. EU-Chefdiplomat Javier Solana appellierte an beide Seiten, auf Gewalt zu verzichten.

Stimmen sollen neu ausgezählt werden

Ein Demonstrant versucht mit dem Schutzschild eines Polizisten, den Präsidentenpalast zu erklimmen (Foto: AP)
Ein Demonstrant versucht mit dem Schutzschild eines Polizisten, den Präsidentenpalast zu erklimmenBild: AP

Für Verwirrung sorgte am Abend eine Meldung der russischen Nachrichtenagentur RIA Nowosti, wonach sich Regierung und Opposition darauf verständigt hätten, die Stimmen der Wahl binnen zehn Tagen neu auszuzählen. Der Oppositionsführer Vlad Filat bestritt dies umgehend und sagte, man habe eine entsprechende Forderung an die Behörden übermittelt, aber noch keine offizielle Antwort erhalten. Deshalb würden die Proteste fortgesetzt. Filat rief die Demonstranten zugleich auf, sich zivilisiert zu verhalten und Provokationen zu ignorieren.

Die Demonstration von rund 10.000 Menschen hatte am Morgen zunächst friedlich begonnen, die Stimmung schlug aber um, als einige der Demonstranten Steine auf den Präsidentensitz schleuderten. Bei einem Großteil der Demonstranten handelte es sich offensichtlich um Erstwähler, die vom Wahlergebnis frustriert sind.

Klarer Wahlsieg der Kommunisten

Karte Moldau, Moldawien, Rumänien, Ukraine (Foto: DW)
Bild: AP Graphics/DW

Die Kommunistische Partei von Präsident Vladimir Voronin hatte die Parlamentswahl zum dritten Mal in Folge gewonnen. Sie holte 49,9 Prozent der Stimmen und kommt damit im Parlament auf eine Mehrheit von drei Fünfteln der Abgeordneten. Die zersplitterten Oppositionsparteien wurden bei dem Wahlgang weit abgeschlagen: Sie erreichten zusammen nur 35 Prozent. Die Liberale Partei erhielt knapp 13 Prozent, die Liberal-Demokraten kamen auf 12,2 Prozent und Unser Moldawien auf 9,9 Prozent. Die drei Parteien treten für eine Annäherung der ehemaligen Sowjetrepublik an die Europäische Union und die NATO ein. Die Wahlbeteiligung lag bei mehr als 59 Prozent.

Moldawien ist Mitglied des NATO-Programms "Partnerschaft für den Frieden". Eine Vollmitgliedschaft lehnen die Kommunisten ab. Sie sind in Moldawien seit 2001 an der Macht. Nach ihrer Wiederwahl im Jahr 2005 vollzog Woronin eine Kehrtwende vom pro-russischen Kurs in Richtung EU, um seinem verarmten Land Wirtschaftshilfen zu sichern.

Präsident Voronin kann nicht mehr antreten

Der moldawische Präsident Vladimir Voronin im Porträt (Archivfoto 2005, AP)
Der moldawische Präsident Vladimir Voronin darf nicht mehr zur Wahl antretenBild: AP

Das neu gewählte Parlament muss bis zum 8. Juni einen Nachfolger für Präsident Voronin bestimmen, der laut Verfassung nach zwei Amtszeiten nicht mehr kandidieren darf. Die Kommunisten verfügen nach ihrem Wahlsieg aber über ausreichend Mandate, so dass sie voraussichtlich auch das künftige Staatsoberhaupt bestimmen können.

Die Abstimmung am Sonntag wurde von rund 200 Wahlbeobachtern der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) überwacht. Nach OSZE-Einschätzung erfüllte Moldawien bei der Wahl "viele" demokratische Standards, allerdings hatte die Organisation auch einiges zu bemängeln und forderte "weitere Verbesserungen" für die Zukunft.

Die Moldawier verdienen im Durchschnitt nur umgerechnet 260 Euro im Monat. Damit gehört Moldawien, das etwa so groß ist wie Nordrhein-Westfalen, zu den ärmsten Ländern Europas. Rund 600.000 Moldawier arbeiten im Ausland. (kle/je/afp/ap/dpa/rtr)

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