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Stichwort: Die Europa AG

13. Oktober 2005

Die Europa AG ist ein Beispiel für die großen Schwierigkeiten in der EU, einen gemeinsamen Nenner zu finden, wenn es um Unternehmens- und Arbeitnehmerrechte geht.

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Die "Societas Europaea" (SE) ist die Bezeichnung für eine europäische Aktiengesellschaft. Die rechtliche Grundlage für diese Europa AG ist Ende 2004 nach mehr als 30-jähriger Verhandlungszeit in Kraft getreten. Vor allem international arbeitende Unternehmen können von der Umwandlung in eine Europäische Gesellschaft profitieren, da sie ausländische Tochterfirmen damit einfacher steuern können. Als erster großer deutscher Konzern hat die Allianz die Umwandlung in eine SE angekündigt.

Die Europa AG ermöglicht Firmen eine Expansion über Ländergrenzen hinweg, ohne sämtliche Förmlichkeiten durch nationales Recht beachten zu müssen. Dadurch können die Firmen erhebliche Verwaltungs- und Rechtsberatungskosten sparen. Außerdem sind sie bei geplanten Übernahmen oder anderen grenzüberschreitenden Aktionen schneller handlungsfähig.

Mindestkapital

Die Europa AG kann nur von bereits bestehenden Unternehmen gegründet werden. Ein einfacher Weg dafür ist die Verschmelzung zweier existierender Unternehmen aus verschiedenen EU-Staaten. Das gezeichnete Kapital der Gesellschaft muss mindestens 120.000 Euro betragen.

Oberstes Organ einer Europa AG ist die Hauptversammlung der Aktionäre. Bei der Leitung des Konzerns kann das Unternehmen wählen: Entweder wird die Verantwortung - wie zumeist in Deutschland - zwischen Vorstand und Aufsichtsrat geteilt. Oder das Unternehmen wird - wie vor allem im angelsächsischen Raum üblich - von einem einheitlichen Gremium (Board) geführt, das mit einem CEO und einem Chairman die Leitungs- und Aufsichtsfunktion in sich vereint.

Mitbestimmung

Das Thema Mitbestimmung der Arbeitnehmer wurde in dem Gesetzgebungsprozess zur Europa AG lange diskutiert. Vor allem Deutschland drängte auf den Erhalt der Arbeitnehmerrechte, die nun über ein komplexes Prozedere gewahrt werden sollen. So verhandeln Arbeitnehmervertreter aus allen Ländern mit den Arbeitgebern in einem besonderen Gremium über die Einzelheiten der Mitbestimmung. Wird keine Einigung erzielt, greift eine gesetzliche Auffangregelung, die in der Regel den höchsten Mitbestimmungsstandard berücksichtigt. Die Allianz will auch ausländische Arbeitnehmervertreter in ihren Aufsichtsrat aufnehmen, was nach dem deutschen Recht nicht vorgesehen ist.

Bisher haben noch wenige Unternehmen die neue Rechtsform genutzt. Bekanntestes Beispiel ist die österreichische Strabag Bauholding, die bereits Ende 2004 zur SE umfirmierte. In Deutschland haben bisher das Zollabfertigungsunternehmen Zoll Pool Hafen Hamburg und die Beratungsfirma Go-East-Invest ihre Gründungen als Europa AG angekündigt. Der Verkehrstechnikkonzern Vossloh hatte über eine Umfirmierung nachgedacht, diese Pläne nach einem Streit zwischen Vorstand und Aufsichtsrat aber derzeit auf Eis gelegt. (mas)