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PolitikAsien

Es kriselt zwischen Iran und China

15. Dezember 2022

China stellt sich hinter den Anspruch der Vereinigten Arabischen Emirate auf drei Inseln im Persischen Golf. Im Iran ist die Öffentlichkeit empört über die eigene Regierung.

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Saudi-Arabien Riad | Kronprinz Mohammed Bin Salman empfängt Xi Jinping
​​​​China baut seine Beziehungen zu den Golfstaaten ausBild: Saudi Press Agency/REUTERS

China hat eine Delegation nach Teheran geschickt, um die Wogen zu glätten. Denn seit dem Besuch von Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping in Saudi-Arabien ist das Verhältnis zum Iran angespannt. Präsident Xi hatte sich in einer gemeinsamen Erklärung mit seinem Gastgeber auf die Seite der arabischen Länder am Persischen Golf gestellt und indirekt den Anspruch der Vereinigten Arabischen Emirate auf drei Inseln im Persischen Golf anerkannt.

Die drei Inseln (Abu Musa, große Tunb und die kleine Tunb) wurden 1971 nach dem Abzug der Briten vom Iran in Besitz genommen, werden aber auch von den Arabischen Emiraten beansprucht. Nur Abu Musa ist bewohnt. 5000 Menschen siedeln auf der Insel.

"Die Anerkennung des Anspruchs der Emirate hat vor allem eine politische Bedeutung", sagt Kamran Matin, Dozent für Internationale Beziehungen an der Universität von Sussex in England im Gespräch mit der DW. "Teheran hat in den letzten 10 Jahren seine Beziehung zu China ausgebaut und sieht China und Russland als seine wichtigsten Verbündeten gegen den Westen. Nun hat sich China in einem heiklen geopolitischen Streit auf die Seite der Emirate gestellt. Für China spielen die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit den arabischen Ländern am Persischen Golf eine wichtige Rolle. Der Fall zeigt, wie China seine Interessen definiert und seine Beziehung mit dem Iran sieht." An erster Stelle stehen offensichtlich eigene Interessen.

Der Azadi Turm in Teheran wird am 31. Januar 2022 mit den Flaggen Chinas und Irans angestrahlt
Zeichen der Freundschaft: Chinesische und iranische Flagge in Teheran am chinesischen Neujahr am 31.Januar 2022Bild: Chinese Embassy in Iran/Handout/Xinhua/picture alliance

Wütende Reaktionen im Iran

Die iranische Öffentlichkeit ist wütend auf China, aber auch auf die Regierung in Teheran und ihre Außenpolitik. "Die drei Inseln im Persischen Golf sind untrennbare Teile des Iran und gehören für immer zum Mutterland. Der Iran wird mit keinem Land Kompromisse eingehen, wenn es darum geht, die territoriale Integrität der Islamischen Republik Iran zu respektieren", schrieb Irans Außenminister am 10. Dezember auf Persisch auf Twitter - und löst damit einen Shitstorm gegen sich aus. "Wenn es um eure Freundschaft mit China geht, schreibst du deine Tweets auf Chinesisch. Jetzt wagst du nicht einmal in einem Tweet auf Persisch Chinas Namen zu erwähnen?", kritisierten ihn wütende User. Zwei Tage später postete Abdollahian die Übersetzung seines Tweets auf Chinesisch auf seinem Account. 

Seit 50 Jahren erheben die Vereinigten Arabischen Emirate Anspruch auf die winzigen Inseln und rufen damit immer wieder wütende Reaktionen aus Teheran hervor. Unterstützung bekommen die Emirate von ihrem mächtigen Nachbarn Saudi-Arabien. Die Inseln sind strategische wichtig, da sie auf der Seeroute für Öl in der Nähe der Straße von Hormus am Persischen Golf liegen.

Neben der strategischen gibt es auch eine nationalistische Dimension: Auf den sozialen Netzwerken posten iranische User eine Landkarte von 1891, die vom deutschen Kartograf Adolf Stieler erstellt wurde. Auf dieser Karte sind diese drei Inseln mit der Farbe des Iran gekennzeichnet. 

Chinesischer Besänftigungsversuch?

China steht auf unsere Seite, versichert Mohammad Mokhber, erster Vizepräsident, am Dienstag. Eine chinesische Delegation war nach dem diplomatischen Affront nach Teheran gereist, um nach Angaben staatlicher iranischer Medien chinesische Investitionen mit der iranischen Regierung zu koordinieren.

"China spricht sich für die territoriale Integrität des Iran aus", berichtete die staatliche englischsprachige Tageszeitung "Tehran Times" am Mittwoch. Das Artikelbild zeigt ein Foto von einem Treffen des chinesischen Vizepremiers Hu Chunhua und Vizepräsident Mokhber. Hu Chunhua hatte sich auch mit Irans Präsidenten Raisi getroffen.

Treffen von Staatspräsident Raisi und Hu Chunhua, dem stellvertretenden Ministerpräsidenten Chinas am 13. Dezember 2022 in Teheran
Hu Chunhua hatte sich mit Irans Präsiden Raisi getroffenBild: Iranian Presidency/ZUMA/IMAGO

Der Präsident habe die Unzufriedenheit der Iraner und der iranischen Regierung in Bezug auf Chinas Position während des Besuchs von Chinas Präsident und Parteichef Xi Jinping in der Region zum Ausdruck gebracht, berichtet die Nachrichtenagentur IRNA. 

Dabei geht es um mehr als den Anspruch der Emirate auf die Inseln. China und Irans regionaler Gegenspieler Saudi-Arabien wollen ihre Politik koordinieren. In ihrer gemeinsamen Erklärung forderten beide Länder Teheran auf, "die Zusammenarbeit mit der Internationalen Atomenergiebehörde zu verstärken, um den friedlichen Charakter des iranischen Nuklearprogramms sicherzustellen und die Grundsätze der guten Nachbarschaft und der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten zu achten." 

China vertritt seine Interessen

"China setzt auf Saudi-Arabien und die Mitgliedstaaten des Golf-Kooperationsrates", bestätigt Iran-Experte Amir Chahaki im Gespräch mit der DW. "Für China steht die Wirtschaft im Zentrum aller wichtigen Entscheidungen. China ist nicht gegen den Iran oder gegen die Islamische Republik. Die Zusammenarbeit mit Saudi-Arabien ist momentan für China aber profitabler."

Saudi-Arabien und die fünf anderen Mitgliedstaaten des Golf-Kooperationsrates, die sich in den letzten 50 Jahren Dank Einnahmen aus dem Ölexport rasant modernisiert haben, bieten chinesischen Investoren bessere Chancen als das 84-Millionen Einwohner Land Iran. Die arabischen Nachbarländer haben insgesamt rund 50 Millionen Einwohner mit starker Kaufkraft. Hinzu kommt: Chinas Volkswirtschaft verschlingt große Mengen an Öl. Peking braucht viele Partner um den Energienachschub zu sichern.

DW Karikatur von Mana Neyestani | China und Iran-Politik
Ein Karikatur zu den chinesisch-iranischen Beziehungen Bild: DW

Der Iran befindet sich infolge des Atomstreits mit dem Westen in einer Finanzkrise. Auch die anhaltenden Proteste im Land machen den Iran zu einem unsicheren Partner für Peking. Das mit der Regierung von Ebrahim Raisi 2021 unterzeichnete iranisch-chinesische Kooperationsabkommen mit 25 Jahren Laufzeit konnte bisher nicht mit Leben gefüllt werden.

Von fast 100 gemeinsamen Projekten im Iran, etwa beim Aufbau der Infrastrukturen oder der Einrichtung von Freihandelszonen, ist bislang auch kein einziges vorangekommen. Chinesische Investoren halten sich zurück; sie befürchten negative Folgen durch die US-Sanktionen, wenn Sie im Iran Geschäfte machen.