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Steigende Gewinne: Strohfeuer oder Trendwende?

Michael Knigge13. Oktober 2003

Internationale Konzerne liefern bessere Ergebnisse als erwartet - und die Meinungen der Experten sind gespalten: Die einen sehen ein Signal für den Konjunkturaufschwung, andere glauben an ein Strohfeuer.

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Positive Überraschung: Yahoo lieferte besser als erwartete ErgebnisseBild: AP

Déjà-vu für die Anleger: Ob Yahoo, SAP, General Electric oder Alcoa, die Gewinne der Unternehmen übertreffen die Erwartungen der Analysten, die Aktien legen zweistellig zu, Jahreshoch an der Wall Street. Schon wird in Börsen-Foren im Internet und den Wirtschaftskanälen im Fernsehen wieder über den Beginn einer Hausse und ein Ende der Stagnation diskutiert.

Doch die Fachwelt ist gespalten. Nach Auffassung von Christian Jasperneite, Volkswirt bei der Hamburger Bank M.M. Warburg, findet derzeit an den Märkten eine Trendumkehr statt. "Es ist ein Wendepunkt erreicht, weil zum ersten Mal seit drei Jahren nicht nur die Schätzungen, sondern auch die realen Unternehmensergebnisse über den Erwartungen liegen", betont er im Gespräch mit DW-WORLD. Auch die Prognosen der Firmen für 2004 seien positiv, ergänzt Jasperneite.

Gemachte Hausaufgaben

Folker Hellmeyer, Chef-Analyst der Bremer Landesbank, ist skeptisch. Er führt die steigenden Gewinne auf erfolgreiche Umstrukturierungsmaßnahmen der Firmen zurück: "Die Unternehmen haben ihre Hausaufgaben gemacht haben. Aber in der Breite werden keine Umsatzzuwächse erzielt, sondern die Gewinne steigen lediglich aufgrund von Sparmaßnahmen und Stellenabbau".

Zwar prognostiziert auch Jasperneite keine dramatische Konjunkturerholung, aber immerhin werde die Wirtschaft weltweit in verhaltenem Tempo wachsen. "Impulsgeber der weltweiten Wirtschaft sind wieder einmal die USA und Asien, Europa hinkt weiter hinterher, aber die Konjunktur zieht auch hier an." Beispiel Japan: Das Land erlebt derzeit einen Wirtschaftsaufschwung. Im Vorjahr schrumpfte die japanische Wirtschaft noch um 2,5 Prozent, momentan wächst sie um mehr als zwei Prozent. Obwohl das Land noch tief in der Strukturkrise stecke, signalisieren die Zahlen Jasperneite zufolge, dass der Konjunkturzyklus selbst im wirtschaftlich angeschlagenen Japan greift.

USA als Konjunkturlokomotive

Die USA fallen als Konjunkturlokomotive der Weltwirtschaft auf absehbare Zeit aus, konstatiert Folker Hellmeyer und zeichnet ein düsteres Bild der größten Volkswirtschaft der Welt: "Die US-Konjunkturdaten täuschen und halten einer nachhaltigen Überprüfung nicht stand: Ein großer Teil des amerikanischen Wirtschaftswachstums kam durch staatliche Verteidigungsausgaben zustande."

Auch die für die US-Wirtschaft enorm wichtigen Verbraucherausgaben werden der Konjunktur keinen Impuls geben können. "Die Privatschulden sind inzwischen höher als das Nationaleinkommen." Die Folge: Der Arbeitsplatzabbau geht weiter, eine Einstellungswelle ist nicht Sicht. Hellmeyers Fazit: "Für eine Trendwende der Weltkonjunktur gibt es keinerlei Anzeichen, die Aktienmärkte in den USA sind jetzt schon wieder überbewertet."

Luft nach oben

Dagegen haben die internationalen Aktienmärkte nach Einschätzung von M.M. Warburg-Volkswirt Jasperneite noch deutliches Aufwärtspotential. "Innerhalb der nächsten zwölf Monate ist beim DAX beispielsweise ein fairer Wert von 4000 Punkten auf jeden Fall vertretbar". Zum Wochenschluss lag der deutsche Aktienindex bei rund 3400 Zählern. Im März hatte der DAX noch bei rund 2200 Punkten notiert.

Dieser Aufwärtstrend an den Börsen ist nur ein Strohfeuer, warnt Hellmeyer. In den nächsten zwei bis drei Jahren sei keine durchgreifende Aufhellung des Konjunkturklimas zu erwarten. "So lange wir in den USA, aber auch in Deutschland keine Rezession zulassen, um die Übertreibungen der 1990er Jahre abzubauen und die Sozial- und Arbeitsmarktreformen umzusetzen, kann es keinen dauerhaften Aufschwung geben."