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Nordkaukasus

30. März 2010

Terroristen aus dem Nordkaukasus fühlen sich anscheinend stark genug, um Russland direkt herauszufordern, meint der Russland-Experte der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik, Alexander Rahr, im Interview.

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Russland-Experte der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik, Alexander Rahr (Foto: DW)
Alexander Rahr sieht eine Gefahr für die internationale GemeinschaftBild: DW

DW-WORLD.DE: Eine Zeit lang war es ruhig geworden um den russisch-tschetschenischen Konflikt - jetzt kehrt der Terror nach Moskau zurück. Herr Rahr, warum kamen die Anschläge ausgerechnet jetzt?

Rettungskräfte tragen Opfer aus der Moskauer U-Bahnstation, in der ein Anschlag verübt wurde (Foto: AP)
Bergung der Opfer der Anschläge in der Moskauer U-BahnBild: AP

Alexander Rahr: Der Krieg war zwar zu Ende, aber die Terroranschläge im Nordkaukasus selbst gingen weiter. Und Präsident Medwedjew hat erst vor wenigen Monaten neue Spezialtruppen in den Nordkaukasus entsandt. Dort herrscht asymmetrischer Krieg: Russland gegen vereinzelte Terror-Gruppierungen, die sich jetzt nicht in Tschetschenien, sondern um Tschetschenien herum gesammelt haben. Die fühlten sich anscheinend stark genug, um Russland direkt herauszufordern und einen Schlag gegen Russland im Herzen Moskaus zu organisieren.

Wie viel Einfluss, wie viel Macht haben die Extremisten eigentlich dort - in diesen unruhigen Republiken im Nordkaukasus?

Dort scheinen sie über neue Machtstrukturen zu verfügen, möglicherweise kaufen sie sich auch die entsprechenden Politiker. Aber der Anschlag auf die Moskauer U-Bahn war prognostiziert worden. Die Separatisten oder Terroristen haben noch vor sechs Wochen gesagt, sie hätten 60 neue Selbstmord-Attentäter ausgebildet, die jetzt alle nach Russland - ins Kernland - geschickt werden würden, um dort Terror-Anschläge gegen die Regierung in Moskau und staatliche Behörden durchzuführen.

Landkarte der gesamten Kaukasusregion (Grafik: DW)

So viele potentielle Selbstmord-Attentäter auszubilden, das erfordert eine wirklich schlagkräftige Organisation – wer unterstützt die Separatisten eigentlich derzeit?

Das ist die große Frage. Präsident Medwedjew hat ja auch immer wieder gesagt, man muss die Region ökonomisch wieder aufrichten, man muss die Arbeitslosigkeit bekämpfen, man muss die Bildungseinrichtungen dort stärken. Moskau hat auch viel Geld in den Nordkaukasus geschickt, aber die Gelder versickern in anderen Kanälen. Die Korruption ist dort am schlimmsten in der gesamten Russischen Föderation. So kann man sich durchaus vorstellen, dass hier auch Terroristen versuchen, zum Zuge zu kommen.

Aber es gibt auch viele Gerüchte, die sich leider immer wieder bewahrheiten, nämlich dass auch ausländische Staaten - nicht die Regierungen selbst, aber Strukturen in einzelnen islamischen Staaten - die Wahhabiten im Nordkaukasus unterstützen und das ist natürlich eine Gefahr für die internationale Gemeinschaft.

Wie könnte denn eine Lösung des Dauerkonflikts im Nordkaukasus - Tschetschenien insbesondere - aussehen?

Wir reden seit Jahren über einen notwendigen Stabilitätspakt. Dieser soll Geld in die Region bringen, das dann gerecht verteilt wird, und dafür sorgen, dass die Infrastruktur, der zivile Aufbau dieser Region vorankommt.

Das Gespräch führte Kerstin Dausend
Redaktion: Markian Ostaptschuk / Nicole Scherschun