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Spürnasen für Literatur

17. Oktober 2009

Literaturagenten sind auf der Frankfurter Buchmesse im Dauerstress. In ihrem Beruf brauchen sie aber vor allem eins - das richtige Gespür für unentdeckte literarische Schätze.

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Bücherstapel vor Menschen-Schatten (Foto: AP)
Literaturagenten bringen Autoren und Verleger zusammenBild: AP

Man merkt es Matthias Strobel nicht an, dass er nun schon mehrere Zwölf-Stunden-Tage hinter sich hat. Literaturagenten arbeiten auf der Frankfurter Buchmesse im Dauerstress, Termin reiht sich an Termin, Gespräch an Gespräch, und alles im Halbstundentakt. Strobel jedoch wirkt aufgeräumt und gut gelaunt und lässt keine Konditionsschwäche erkennen. Dennoch: "Für einen Agenten ist die Buchmesse die stressigste Zeit des Jahres", sagt er.

Spürnase wie Indiana Jones

Matthias Strobel (Foto: Cornelia Rabitz)
Am Arbeitsplatz: Literaturagent Matthias StrobelBild: DW

Soeben ist er dem Arbeitsbereich der "Scouts", der etwas abseits des Messetrubels liegt, für ein paar Minuten entronnen, um ein wenig über sich und seinen Beruf zu plaudern. Einen Beruf, an dem er vor allem die vielfältigen Kontakte mit unterschiedlichen Kulturen schätzt. Strobel ist Experte für Lateinamerika, war zunächst literarischer Übersetzer und hat sich vor fünf Jahren mit seinem Ein-Mann-Betrieb selbständig gemacht. Er bezeichnet sich gerne als Literatur-"Scout", weil es vor allem eines braucht in seinem Beruf: eine gute Spürnase für unentdeckte literarische Schätze. "Ich komme mir oft vor wie ein Indiana Jones der Literatur. Ich versuche, Goldstücke zu finden", sagt er.

Zum guten Gespür für Qualität gesellen sich Kontaktfreudigkeit und ein Netz vielfältiger persönlicher Beziehungen. "Gerade in Lateinamerika geht ohne Vertrauen und freundschaftliche Verbindungen nichts", betont Strobel. Und natürlich hat sein Beruf auch einen kommerziellen Aspekt. Übersetzer war er "aus Faszination", berichtet er. Als Literaturagent freilich lässt sich deutlich mehr Geld verdienen. Die Geschäfte laufen gut für ihn.

Wunderding E-Book

Matthias Strobel ist, auch wenn die Zeit oft knapp wird, ein passionierter Leser. Er erinnert sich: "Im Alter zwischen 15 und 30 habe ich fast nichts anderes gemacht als gelesen". Jetzt ist er beruflich viel unterwegs, das Bücherschleppen ist dabei mühsam. Die auf der diesjährigen Buchmesse heftig diskutierten E-Books und elektronischen Lesegeräte sind daher für ihn, wie er sagt, "wahre Wunderdinge". Sie sparen Zeit, Gewicht und Gepäck. Vor kurzem aber musste er dann doch mal schwergewichtige Literatur durch Peru schleppen. "Es ging nicht anders. Ich bin eine Woche lang auf 4000 Meter Höhe mit einem Koffer und 25 Büchern herumgereist."

Dass sich dem deutschen und internationalen Publikum mit dem Partnerland Argentinien auf der Buchmesse 2010 eine große Kultur-, Buch-, und Lesetradition erschließen wird, freut ihn - aber ein bisschen betrübt es Strobel auch, denn die Konkurrenz ist nun größer geworden. "Alle Literaturagenten sind jetzt da gewesen. Und die haben jeden Stein umgedreht, ob da nicht noch ein Autor drunter sitzt." Der Indiana Jones muss also seine Goldstücke bald woanders finden. Demnächst reist er nach Kolumbien.

Autorin: Cornelia Rabitz

Redaktion: Dirk Eckert