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Sportlerinnen aus Afghanistan und ihr Kampf um Olympia

20. April 2023

Frauen in Afghanistan ist Sport strikt verboten. Darum sind Athletinnen ins Exil geflüchtet. Jetzt fordern sie einen direkten Draht zum IOC, um in Paris 2024 präsent zu sein. Wie stehen dafür die Chancen?

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2021 in Tokio: Kimia Yousofi & Farzad Mansouri tragen gemeinsam die Fahne Afghanistans bei der Eröffnungsfeier ins Olympiastadion von Tokio
2021 in Tokio: Kimia Yousofi und Farzad Mansouri tragen die Fahne Afghanistans bei der EröffnungsfeierBild: Matthias Hangst/Getty Images

Weil sie zum Training gegangen ist, wurde Maryam (Anm. der Redaktion: Name geändert) von den Taliban zusammengeschlagen, erlitt Prellungen und blaue Flecken. Sport ist Mädchen und Frauen in Afghanistan strikt verboten, die radikalislamischen Machthaber drohen mit drakonischen Strafen. Wer wie Maryam seine Leidenschaft im Sport gefunden hat, dem bleibt nur ein Ausweg: die Flucht aus der Heimat. Überall auf dem Globus verteilt haben einige Athletinnen dennoch ein Ziel: Sie wollen bei den Sommerspielen 2024 in Paris dabei sein. 

Leistungssportlerinnen im Exil

"Es ist wichtig, dass afghanische Athletinnen an den olympischen Spielen teilnehmen", betont Friba Rezayee gegenüber der DW. Sie zählte 2004 zu den ersten Frauen, die Afghanistan bei Olympia vertraten. Die Bedingungen für ihre möglichen Nachfolgerinnen seien jedoch äußerst schwierig: "Hunderte sind geflohen, viele im Moment als Staatenlose in verschiedenen Ländern gestrandet." Um deren Situation zu verbessern, will sie zum Internationalen Olympischen Komitee einen direkten Draht etablieren. In einem Offenen Brief an IOC-Präsident Bach fordert sie, dass afghanische Athletinnen bei den Sommerspielen antreten können, gänzlich ohne Mitsprache der Taliban. 

Porträtaufnahme von Friba Rezayee. 2004 war sie als Judoka bei den Olympischen Spielen in Athen. Eine der ersten beiden afghanischen Frauen bei Olympia überhaupt.
2004 als Judoka bei den Olympischen Spielen in Athen: Friba RezayeeBild: Darryl Dyck/empics/picture alliance

Da liegt die Crux: "Den Regeln der Olympischen Charta entsprechend liegen Auswahl und Entsendung der afghanischen Athleten für die kommenden Sommerspiele in der Verantwortung des Nationalen Olympischen Komitees Afghanistans", so heißt es von Seiten des IOC auf eine DW-Anfrage. Das afghanische NOK würde jedoch von den Taliban kontrolliert, davon ist Rezayee überzeugt. Es gibt demnach keine Chance, als geflüchtete Sportlerin unter der afghanischen Flagge bei Olympia anzutreten. Einzige Alternative ist das IOC-Flüchtlingsteam. Doch hier sind die Plätze begrenzt: "Im Moment unterstützt das IOC zehn Athletinnen und Athleten aus Afghanistan bei der Vorbereitung auf Paris 2024", heißt es aus Lausanne, "die meisten von ihnen trainieren mit Hilfe der NOK ihrer Gastländer im Ausland".

IOC droht mit Ausschluss 

Diese zehn könnten jedoch nach Lage der Dinge auch die einzigen afghanischen Teilnehmer in Paris 2024 sein, denn ein Ausschluss der afghanischen Athleten liegt in der Luft. Das IOC versucht mit politischem Druck, die Dinge zum Besseren zu wenden. Das Exekutivkomitee hat die Diskriminierung von Mädchen und Frauen in Afghanistan "scharf verurteilt" und auf seiner letzten Sitzung im März Afghanistan und Iran mit einem Olympia-Ausschluss gedroht, sollte sich die Lage nicht verbessern. Sanktionen folgten jedoch noch keine. Es sei "verfrüht, darüber zu entscheiden", lässt das IOC verlauten.

Für Aktivistin Rezayee ist die Sache klar: "Das IOC muss das afghanische NOK sperren. Punkt." Frauenrechte spielten für die Taliban erwiesenermaßen keinerlei Rolle. "Sie verstoßen damit gegen die Menschenrechte ebenso wie gegen die Olympische Charta." Eine Rückkehr könne es erst dann geben, "wenn die Diskriminierung aufhört und alle Mädchen und Frauen einen ungehinderten Zugang zu Sport und Training haben." Das deckt sich mit den Forderungen des IOC. 

Schwer vorstellbar, dass das in absehbarer Zeit passiert. Rezayee wirbt deshalb für mehr Unterstützung. Dann seien die afghanischen Sportlerinnen und Trainerinnen im Exil durchaus in der Lage, ihre Belange selbst in die Hand zu nehmen. "Eine Olympiateilnahme allein wird das Problem jedoch nicht lösen", meint sie. Das IOC sollte eine langfristige Strategie haben, um afghanischen Sportlerinnen zu helfen. 

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Jens Krepela Redakteur, Reporter, Autor