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Sportgymnastin Darja Varfolomeev gewinnt Olympia-Gold

9. August 2024

Als erste Deutsche krönt sich Darja Varfolomeev bei den Olympischen Spielen in Paris zur Königin der Rhythmischen Sportgymnastik. Die 17-Jährige ordnet dem sportlichen Erfolg alles unter.

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Darja Varfolomeev im Finale der Rhythmischen Sportgymnastik bei ihrer Übung mit dem Reifen
Darja Varfolomeev - hier bei ihrer Übung mit dem Reifen - war im Finale in Paris nicht zu schlagenBild: Sina Schuldt/dpa/picture alliance

Nach ihrer letzten Übung mit dem Band lag Darja Varfolomeev auf dem Boden und ließ ihren Tränen freien Lauf. Der gesamte Druck fiel in diesem Augenblick von den Schultern der 17 Jahre alten deutschen Sportgymnastin. Und nach der hohen Jury-Wertung für die Übung war auch klar: Varfolomeev ist bei den Olympischen Spielen in Paris am Ziel ihrer Träume. Sie ist Olympiasiegerin in der Rhythmischen Sportgymnastik, die erste Deutsche, die in dieser Sportart Gold gewinnt. "Es fühlt sich unglaublich an, dass die ganze Arbeit, der Schweiß, das Weinen, die Schmerzen sich gelohnt haben und ich eine Goldmedaille um den Hals habe", sagte Varfolomeev nach der Siegerehrung. Die deutsche Meisterin Margarita Kolosov schrappte als Vierte knapp an einer Medaille vorbei. 

Die rhythmische Sportgymnastik ist eine Turnsportart und vereint gymnastische und tänzerische Elemente. Dabei wird jeweils eines von vier Handgeräten genutzt: ein Ball, ein Reifen aus Holz oder Plastik, ein sechs Meter langes Band an einem Stock oder zwei Keulen, meist aus Kunststoff.

Im vergangenen Jahr wurde Varfolomeev noch häufig als Shooting-Star bezeichnet. Dabei ist sie bereits eine etablierte Größe - spätestens seit ihren fünf WM-Titeln im August 2023 in der spanischen Stadt Valencia. Dort gewann Varfolomeev sowohl Gold im Mehrkampf als auch in allen vier Einzeldisziplinen mit den jeweiligen Handgeräten. Bereits bei der WM 2022 hatte die damals erst 15 Jahre alte Deutsche Gold mit den Keulen gewonnen. Wegen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine waren damals - wie auch bei der WM 2023 und jetzt bei Olympia in Paris - die Sportgymnastinnen aus Russland und Belarus ausgeschlossen.

Als Zwölfjährige allein nach Deutschland

Varfolomeev wurde im November 2006 in der Stadt Barnaul im Westen Sibiriens geboren. Bereits mit drei Jahren kam Darja zur rhythmischen Sportgymnastik und trat damit in die Fußstapfen ihrer Mutter, die in ihrer Jugend ebenfalls diese Sportart betrieben hatte. Darja Varfolomeev feierte erste Erfolge, tat sich aber schwer, gegen die traditionell sehr starken russischen Konkurrentinnen zu bestehen. Um größere Chancen zu haben, auch bei internationalen Wettkämpfen starten zu können, zog die Sportgymnastin bereits mit zwölf Jahren nach Deutschland - zunächst allein. Aufgrund ihres deutschen Großvaters erhielt Varfolomeev einen deutschen Pass.

Darja Varfolomeev mit Bundestrainerin Yuliya Raskina
Darja Varfolomeev mit Bundestrainerin Yuliya RaskinaBild: picture alliance/dpa

"Es war richtig schwer, ohne meine Familie in einem anderen Land, ohne die Sprache zu beherrschen", erinnert sich die Sportlerin heute an ihre erste Zeit in Deutschland. "Aber es haben mich sehr viele Menschen unterstützt, vor allem meine Trainerin Yuliya Raskina." Die Belarussin gewann bei den Olympischen Spielen in Sydney im Jahr 2000 Silber in der Rhythmischen Sportgymnastik. Seit Jahren arbeitet Raskina als Bundestrainerin am Olympiastützpunkt in Fellbach-Schmiden, einer Kleinstadt im Bundesland Baden-Württemberg im Süden Deutschlands. Raskina nahm sich der jungen Turnerin an. Zum Team gehört auch ein Psychologe, der für das mentale Training zuständig ist. "Ich versuche immer, ruhig zu bleiben", sagt Vorfolomeev. "Ich habe keine Angst, weil ich weiß, dass ich gut vorbereitet bin."

Für Olympia mit der Schule ausgesetzt

Inzwischen lebt auch die Familie der Sportlerin in Fellbach. Darja Varfolomeev trainiert im Schnitt 35 Stunden pro Woche. Dem Ziel Olympia-Medaille ordnete sie alles unter. Varfolomeev reduzierte Mitte 2023 ihre Schulausbildung auf die Hauptfächer Mathematik, Deutsch und Englisch, die zehnte Klasse wird sie nach den Spielen in Paris wiederholen.

Die Rhythmische Sportgymnastik ist seit 1984 in Los Angeles - mit dem Einzel-Mehrkampf und dem Teamwettbewerb - im olympischen Programm. Damals gewann Regina Weber, die Mutter von Fußball-Nationalspieler Leroy Sané, Bronze.

Varfolomeev ist also die zweite deutsche Sportgymnastin, die mit olympischem Edelmetall dekoriert wird. Und dann gleich mit dem wertvollsten, mit Gold. "Ich bin einfach nur froh, dass ich vier saubere Übungen gezeigt habe und das bis zum Ende durchgezogen habe", sagte die 17-Jährige nach ihrem Coup in Paris. "Und dann kamen die Emotionen, dass ich das geschafft habe.»

Der Artikel wurde am 9. August nach dem Olympiasieg Varfolomeevs aktualisiert.

DW Kommentarbild Stefan Nestler
Stefan Nestler Redakteur und Reporter