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SPD-Kanzlerkandidatur: Boris Pistorius verzichtet

21. November 2024

Lange hat die SPD darüber gestritten, wer der bessere Kanzlerkandidat ist: Kanzler Olaf Scholz oder Verteidigungsminister Boris Pistorius. Jetzt hat Pistorius seinen Verzicht erklärt.

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Berlin 2024 | Olaf Scholz vor Regierungserklärung im Bundestag
Scholz bleibt vorn, Pistorius dahinter. Der Kanzler bewirbt sich erneut um den wichtigsten politischen Posten in DeutschlandBild: Michael Kappeler/dpa/picture alliance

Verteidigungsminister Boris Pistorius steht nicht für eine SPD-Kanzlerkandidatur zur Verfügung. Das habe er am Donnerstag Abend der Partei- und Fraktionsspitze mitgeteilt, sagte er in einem am Abend online verbreiteten Video. Nach kontroverser öffentlicher Debatte ist damit der Weg für eine erneute Kanzlerkandidatur von Bundeskanzler Olaf Scholz frei. 

Der Hintergrund: Ginge es nach den Menschen in Deutschland, dann wäre Boris Pistorius der am ehesten geeignete Kanzlerkandidat der SPD. Das ergab der aktuelle ARD-Deutschlandtrend, erstellt vom Meinungsforschungsinstitut infratest-dimap. In der repräsentativen Umfrage mit rund 1300 Beteiligten sprachen sich 60 Prozent der Befragten für Pistorius aus, der seit Monaten in vielen Umfragen der beliebteste Politiker im Land ist. 

Lediglich 21 Prozent der an der Umfrage Beteiligten stellten sich bei dieser Frage hinter den noch amtierenden Regierungschef Scholz, ebenfalls SPD. Oppositionsführer Friedrich Merz, Kanzlerbewerber von den Konservativen von CDU und CSU, halten 42 Prozent für eine gute Wahl. Die Zahlen wurden Anfang der Woche zumeist in Telefoninterviews erhoben, berücksichtigen also schon jüngste politische Entwicklungen. 

Die hohen Zustimmungswerte für Pistorius waren der Grund, warum zuletzt  bei den regierenden Sozialdemokraten ein heftiger Streit entbrannt war, ob sich Bundeskanzler Olaf Scholz erneut als Regierungschef in Deutschland bewerben soll, oder doch lieber Pistorius. Zählt man nur die Anhänger der Sozialdemokraten, war die Zustimmung für den Verteidigungsminister noch gravierender: 82 Prozent von ihnen hielten ihn für geeignet, das höchste politische Amt in Deutschland zu übernehmen.

Vor gut zwei Wochen war die Dreier-Koalition aus Sozialdemokraten, Grünen und FDP zerbrochen. Scholz und seine SPD regieren das Land seitdem mit einer Minderheitsregierung zusammen mit den Grünen. Vorgezogenen Neuwahlen sollen am 23. Februar stattfinden.

Menschen in Deutschland wollen einen Regierungswechsel

Es bleibt also bei Olaf Scholz als Kanzlerkandidat der SPD. Zuletzt, etwa beim G20- treffen in Rio in Brasilien Anfang der Woche, hatte Scholz immer wieder bekräftigt, selbst antreten zu wollen. Aber dass er nach der vorgezogenen Neuwahl tatsächlich Kanzler bleibt, ist im Moment eher unwahrscheinlich. Denn die meisten Menschen wollen einen Regierungswechsel. Auf die Frage, welche Partei künftig die Regierung anführen sollte, antworten 38 Prozent der Befragten: Die CDU mit ihrem Vorsitzenden und Kanzlerkandidaten Friedrich Merz. Das liegt sicher auch daran, dass die Menschen in Deutschland längst wissen, dass die Konservativen seit Monaten alle Umfragen anführen. Wie auch im jetzigen ARD-Deutschlandtrend. Auf die berühmte Sonntagsfrage, also der Frage, welche Partei die Befragten jetzt aktuell wählen würden, antworteten 33 Prozent: Die CDU/ CSU. Auf dem zweiten Platz liegt die in Teilen rechtsextreme "Alternative für Deutschland" (AfD) mit 19 Prozent, gefolgt von den Sozialdemokraten und den Grünen, die jeweils auf 14 Prozent kommen. In dieser aktuellen Umfrage hat die SPD gegenüber der letzten Infratest-Erhebung von Anfang November noch einmal zwei Prozentpunkte verloren. 

Große Skepsis bei dem Taurus-Marschflugkörpern 

Umstritten zwischen den Parteien in Deutschland ist die Frage, ob die Ukraine in ihrem Kampf gegen den Angreifer aus Russland den deutschen Marschflugkörper Taurus bekommen sollte, mit dem auch Ziele in Russland erreicht werden könnten. Bundeskanzler Olaf Scholz lehnt das seit langem ab und begründet das damit, dass Deutschland dann zur Kriegspartei würde. Oppositionsführer Friedrich Merz befürwortet die Lieferung jedoch, wie auch viele Politiker der Regierungspartei der Grünen und der früheren Regierungspartei FDP. Doch 61 Prozent der aktuell Befragten sprechen sich strikt gegen die Lieferung aus.

Wie es am Abend im politischen Berlin hieß, soll die offizielle Entscheidung, erneut mit Olaf Scholz an der Spitze in den kurzen Wahlkampf bis Mitte Februar zu ziehen, am kommenden Montag in Vorstand und Präsidium der SPD fallen.