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Spaniens Energiesparplan zeigt Erfolge

Ralph Schulze Madrid
12. August 2022

Die Maßnahmen um Strom zu sparen, sorgen weiterhin für Widerspruch. Dennoch: Seit Lampen im öffentlichen Raum nicht mehr ununterbrochen strahlen und Grenzwerte für Klimaanlagen gelten, sinkt der Stromverbrauch.

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Spanien Madrid | Energiesparplan
Luftbild der Hauptstadt Madrid bei Teilverdunklung am 10. AugustBild: Senhan Bolelli/AA/picture alliance

Der historische Königspalast in Madrids Altstadt liegt im Dunklen. Die Außenbeleuchtung des Stadtschlosses, eine der meistbesuchten Attraktionen der spanischen Hauptstadt, ist abgeschaltet. Auch die prachtvolle Fassade des gegenüberliegenden "Königlichen Theaters", Madrids berühmtes Opernhaus, wird nachts nicht mehr angestrahlt.

Der Krisenerlass der spanischen Koalitionsregierung aus Sozialdemokraten und der Linkspartei Podemos macht sich offenbar bereits beim nationalen Stromverbrauch bemerkbar. Nach Angaben des Netzbetreibers Red Eléctrica fiel schon in den ersten Tagen, verglichen mit der Vorwoche, die landesweite Stromnachfrage um durchschnittlich fünf Prozent.

Seit Spaniens Energiesparplan am 10. August in Kraft trat, werden jeden Abend im ganzen Land Millionen Lampen ausgeknipst. Nicht nur die Außenbeleuchtung Tausender öffentlicher Gebäude muss jetzt um 22 Uhr abgedreht werden. Auch dürfen in den Schaufenstern der mehr als 900.000 Geschäfte zu nächtlicher Stunde keine Lichter mehr die Waren erhellen. Viele Geschäftsleute hatten wegen der hohen Strompreise schon vor Beginn der amtlichen Sperrzeit freiwillig die Beleuchtung in den Ladenfenstern heruntergedreht - nun ist es Pflicht.

Spanien Madrid | Energiesparplan
Im Lichte eines einzelnen Geschäftes: Viele Ladenbesitzer beteiligen sich am Stromsparprogramm der RegierungBild: CordonPress/IMAGO

Jedes Grad zählt

Zum spanischen Effizienzplan gehört nicht nur der Blackout bei der Fassaden- und Schaufensterbeleuchtung. Auch der Klimatisierung von öffentlichen Gebäuden, Geschäftslokalen, Büros und Flughäfen wurden Grenzen gesetzt. Denn die Millionen Kühl- und Heizgeräte, die in ganz Spanien brummen, gelten als besonders große Stromfresser.

"Jedes Grad weniger bei der Kühlung oder Heizung bedeutet eine Einsparung von sieben Prozent", sagt Umwelt- und Energieministerin Teresa Ribera. Jetzt im Sommer darf daher im Normalfall die Raumluft nur noch auf 27 Grad heruntergekühlt werden.

Ausnahmen für die Gastronomie

Allerdings gelten Ausnahmen, zum Beispiel für Restaurants und Bars, wo die Temperatur immerhin noch auf 25 Grad sinken darf. Auch für Friseure, Fitnessstudios und andere Einrichtungen mit schweißtreibenden Aktivitäten wurden Sonderregeln erlassen. Genauso wie für Hotels, wo nur Gemeinschaftsräume unter das Dekret fallen. Die Zimmer dürfen weiterhin individuell klimatisiert werden.

Im Winter ist bei der Heizung in allen öffentlich zugänglich Räumen künftig bei 19 Grad Schluss. Um Energieverluste zu vermeiden, dürfen zudem bei Nutzung von Klima- oder Heizgeräten die Eingangstüren nicht mehr - wie in vielen Shops üblich - offenstehen.

Spanien Madrid |Fernbedienung einer Klimaanlage
Laut dem Energiesparplan dürfen Kaufhäuser, Kinos, Bahnhöfe und Flughäfen nur auf maximal 27 Grad kühlenBild: Jesús Hellín/EUROPA PRESS/dpa/picture alliance

Spanische Solidarität

Das Energiedekret ist eine erste Maßnahme des sozialdemokratischen Regierungschefs Pedro Sánchez, um den Gas-Notfallplan der EU umzusetzen. Dieser Plan sieht vor, dass die 27 Mitgliedsstaaten ihren Gaskonsum reduzieren. Die meisten Länder einigten sich auf eine Verringerung um 15 Prozent. Für Spanien, das sehr viel weniger von russischem Gas abhängig ist als etwa Deutschland, wurden sieben Prozent vereinbart.

"Spanien hat sich verpflichtet, mit den anderen europäischen Ländern solidarisch zu sein", sagte Sánchez. Er forderte die Nation vor dem Hintergrund der Energiekrise und des Ukrainekrieges zu "verantwortungsvollem Handeln" auf, um gemeinsam mit ganz Europa "gegen die Energie-Erpressung Putins" vorzugehen.

Protest von vielen Seiten

Während EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen die "wertvollen freiwilligen Maßnahmen" in Spanien und anderen europäischen Ländern lobte, verlangte Spaniens Opposition, den Energiesparplan zurückzunehmen. Der Chef der konservativen Volkspartei, Alberto Feijoo, sprach von einem "improvisierten Plan mit einseitigen Maßnahmen, die mit niemandem abgestimmt wurden".

Die konservative Ministerpräsidentin der Region Madrid, Isabel Ayuso, forderte die Geschäftsleute sogar zum Ungehorsam auf. Die Energiebeschränkungen würden dem Handel schaden, sagte sie. Ayuso kündigte an, gegen das Stromspardekret vor dem Verfassungsgericht zu klagen, weil die Staatsregierung in Kompetenzen der regionalen Verwaltungen und der Rathäuser eingegriffen habe.

Spanien | Klimaanlagen an der Außenseite eines Gebäudes
Klimaanlagen an einem Wohngebäude - was im Kleinen funktionieren mag, trägt im Großen aber zur Krise beiBild: Pablo Blazquez Dominguez/Getty Images

Die rechtspopulistische Partei Vox, nach Sozialdemokraten und Konservativen die drittgrößte Formation im spanischen Parlament, erklärte: "Die Maßnahmen sind eine weitere Einschränkung der Rechte und Freiheiten der Spanier." Vox-Chef Santiago Abascal forderte zudem erneut die "Aufhebung aller Klimaschutzgesetze".

Bei den Unternehmern ist das Echo geteilt. "Der Plan verpflichtet zu etwas, das gut ist - und zwar zu sparen", sagte etwa José Luis Yzuel, Chef des nationalen Gastronomieverbandes. Antonio Garamendi, Präsident der spanischen Arbeitgebervereinigung CEOE, verlangte von der Regierung hingegen "mehr Dialog und auch mehr Hilfen für die betroffenen Branchen".

Macht die Krawatte den Unterschied?

Bei der Ankündigung der Energieoffensive war Spaniens Premier Sánchez übrigens ganz gegen seine Gewohnheit ohne Krawatte und mit offenem Hemdkragen vor die Kameras getreten. Er forderte Spaniens Büroangestellte auf, es ihm gleichzutun und die Halsbinde im Kleiderschrank zu lassen.

"Benutzen Sie den Schlips nur, wenn es wirklich notwendig ist", appellierte Sánchez an Spaniens Männer. Auch das sei im Sommer ein Beitrag, um durch lockere Kleidung eine geringere Nutzung der Klimageräte zu erreichen.