Sorgen und Taktieren
27. März 2003Der südafrikanische Präsident, Thabo Mbeki, brachte es auf den Punkt, als er Anfang der Woche sagte, der Irak-Krieg werde Afrika ins Abseits der internationalen Prioritäten drängen und den Kontinent zwingen, sich nur noch auf sich selbst zu verlassen. Die überwiegende Mehrheit der Regierenden in Afrika folgt der jeweiligen Bevölkerung ihrer Länder in der Ablehnung des Krieges. Doch gibt es auch taktische Manöver, um eigene Interessen zu wahren.
Der Irak-Krieg trifft den Kontinent zu einem Zeitpunkt, wo viele Länder sich aufgrund das Zusammenspiels von wirtschaftlicher Perspektivlosigkeit, sozialer Verelendung, kulturellem Identitätsverlust und politischer Repression in einer sehr labilen Lage befinden. In Ländern wie Cote d'Ivoire, Burundi, Sierra Leone, Demokratische Republik Kongo oder Sudan sind für die bürgerkriegsähnlichen Zustände immer noch keine Lösungen in Sicht, nehmen Gewaltkriminalität und Plünderungszüge von Kriegsherren weiter zu.
Keine einheitliche Haltung
Da ist es nicht erstaunlich, dass die von der Afrikanischen Union beschworene gemeinsame ablehnende Haltung gegenüber dem Vorgehen der Amerikaner schon bald Risse zeigte. Wer noch von der strategischen Bedeutung Afrikas träumte, hätte spätestens angesichts des unwürdigen Gefeilsches um die Stimmen der drei im Weltsicherheitsrat vertretenden afrikanischen Länder Guinea, Kamerun und Angola aufwachen müssen.
Paris, Washington und London überboten sich gegenseitig an finanziellen, wirtschaftlichen und militärischen Verheißungen. Jedes Versprechen enthielt aber auch versteckte Drohungen, fast eine moderne Art der berüchtigten kolonialen Glasperlen, mit denen man einst die Afrikaner zu ködern versuchte.
Moralisches Gewissen
Es ist bezeichnend, dass das moralische Gewissen des Kontinents, der frühere südafrikanische Präsident und Friedensnobelpreisträger Nelson Mandela der schärfste Kritiker des amerikanisch-britischen Kriegskurs ist. Dies gilt auch für seinen Amtsnachfolger Mbeki, dem amtierenden Präsidenten der Afrikanischen Union sowie der Blockfreienbewegung. So ist es auch nicht verwunderlich, dass es in Südafrika die größten Antikriegsdemonstrationen des Kontinents gab.
Es ist andererseits auch nicht erstaunlich, dass die Regierenden von Äthiopien, Eritrea, Ruanda und Uganda die amerikanische Politik öffentlich unterstützen. Sie halten damit die eigenen vergangenen oder noch anhaltenden militärischen Interventionen für gerechtfertigt. Zugleich wollen sie sich die größten Stücke des vermutlich kleiner werdenden Entwicklungs- und Investitionskuchen sowie das Wohlwollen des mächtigen Weltwährungsfonds, dessen größter Anteilseigner die Amerikaner sind, sichern.
Angst vor wirtschaftlichen Folgen
Durchgängig bei den afrikanischen Regierenden sind aber die Sorgen, dass der Irak-Krieg ein wirtschaftliches Desaster zur Folge haben könnte - in Form von starken Erhöhungen des Ölpreises, damit verbunden von Transport und Elektrizität, von galoppierender Inflation. Befürchtungen gibt es auch, dass Rezession in den reichen Ländern deren Bereitschaft in Afrika zu investieren, weiter reduzieren würde und die Entwicklungszusammenarbeit zuungunsten Afrikas umgeschichtet werden könnte.
Betroffen sein könnten auch die afrikanischen Friedeneinsätze zur Beilegung der bestehenden Konflikte, die Fortentwicklung der regionalen Zusammenschlüsse sowie die NEPAD-Initiative der Afrikanischen Union.
Islam in Afrika
Innenpolitisch befürchten die afrikanischen Regierenden, dass die als Folge des Irak-Krieges zunehmenden Schwierigkeiten bei der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung einhergehend mit der wachsenden Unzufriedenheit bei der Bevölkerung zu neuen gewaltsamen Spannungen führen könnten. Nirgendwo dehnt sich der Islam so schnell aus wie auf dem afrikanischen Kontinent, hier droht eine zusätzliche Konfliktkonstellation.