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Sommer-Theater? - Regierungs-Krise in Albanien / Von Adelheid Feilcke-Tiemann

29. Juli 2003
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Köln, 29.7.2003, DW-radio / Albanisch

Nach wochenlangem Streit innerhalb der regierenden Sozialistischen Partei in Albanien ist vor zehn Tagen Außenminister Ilir Meta zurückgetreten. Daraufhin hat Ministerpräsident Fatos Nano am Montag (28.7.) dem Parlament seinen Nachfolge-Kandidaten Marko Bello präsentiert, der jedoch nicht nur von der Opposition, sondern auch von sozialistischen Abgeordneten um Meta abgelehnt wurde. Die Regierung befindet sich nach 2002 nun erneut in einer Krise, weil die inner-parteilichen Streitigkeiten bei den Sozialisten nicht beigelegt sind.

Das ist ein Schauspiel der besonderen Art! In Albanien sitzen die stärksten Widersacher der Regierung in der Regierungspartei. Jetzt hat das innerparteiliche Familien-Drama einen neuen Höhepunkt erreicht: Die Gruppe um den bisherigen Außenminister Ilir Meta, die seit gut einem Jahr als partei-interne Opposition mit auf der Regierungsbank saß und somit unter ihrem Widersacher dem Regierungschef Fatos Nano doch an der Macht beteiligt war, hat nun offen mit der parlamentarischen Opposition gemeinsame Sache gemacht. Und so scheiterte die Wahl des neuen Außenministers Marko Bello, obwohl die Sozialisten eigentlich im Parlament über eine satte Mehrheit verfügen.

Eine Blamage für die Nano-Regierung - und ein unverhoffter Punkt-Sieg für die Opposition um Sali Berisha. Der Erzfeind Nanos verfolgt das Sozialisten-Theater von der Zuschauertribüne. Schon werden seine Zwischenrufe lauter und folgerichtiger, dass die Sozialisten von der Regierungsbühne abtreten sollten, solange sie sich nicht auf die Rollen-Verteilung und den Handlungsverlauf einigen können.

Der Streit innerhalb der Sozialisten ist alt und hausgemacht. Nachdem die Sozialisten 1997 - nach bürgerkriegsähnlichen Unruhen - an die Macht kamen, brodelte der partei-interne Flügel-Kampf: Die Exponenten sind Regierungschef Fatos Nano und sein Vorgänger Ilir Meta, der bereits im vergangenen Jahr das Amt des Premiers zugunsten seines Widersachers hatten räumen müssen. Damals hatten die Lager einen Burgfrieden geschlossen und Meta erhielt den Vizeposten sowie das Außenamt. Doch der Kampf ging weiter, bis Meta vor zehn Tagen demonstrativ sein Amt niederlegte. Diese scheinbare Niederlage seiner Gruppe hat nun in der Abstimmungs-Blamage eine Revanche gefunden. Dass weitere Akte im Schlagabtausch folgen werden, scheint angesichts der Kompromisslosigkeit der albanischen Spitzenpolitiker sicher.

Das Sommer-Theater bleibt spannend, aber es wird zunehmend unerfreulich, weil keine konstruktive Lösung in Sicht ist. Nur scheinbar ist es ein Widerstreit der Konzepte, Generationen oder Reformer und Blocker. Es ist vielmehr ein Lagerkampf, bei dem es um die Verteidigung des alleinigen Machtanspruchs geht: alle Macht und um jeden Preis.

Die alte Krankheit der albanischen Politik ist nicht kuriert. Und sie lähmt nicht nur die Regierungspartei, sondern den gesamten Fortschritt des Landes. Die Blamage um den Posten des Außenministers sollte den Sozialisten zu denken geben, damit sie ihr Ansehen im Land und den Ruf Albaniens international nicht weiter schädigen. Eine Partei, die den Anspruch hat, ein ganzes Volk zu regieren, sollte fähig sein, in den eigenen Reihen Pluralität auszuhalten. Einbinden - nicht Ausgrenzen - sollte die Devise heißen. Nur dann kann das Sommer-Theater zu einem guten Ende führen und als komödiantische Episode abgehakt werden, bevor der Streit für die Sozialisten selbst zu einem tragischen Ende führt. (fp)