Deutscher Astronaut erreicht ISS
28. Mai 2014Eigentlich hatte sich Alexander Gerst nur "versuchsweise" bei der Europäischen Raumfahrtagentur ESA beworben. Nun aber ist der Geophysiker im All. Ein bisschen nervös war er trotz aller unzähliger Trainingseinheiten dennoch. Spätestens wenn der Countdown laufe, so twitterte Gerst am Nachmittag, werde das Adrenalin kommen.
Knapp sechs Stunden nach dem Start hat sein Raumschif, wie von der Europäischen Raumfahrtagentur ESA berrechnet um 3.47 Uhr MESZ an der Internationalen Raumstation ISS angedockt. Die kurze Flugzeit liegt auch an einem neuen Computer. Der macht die Kapsel weitgehend unabhängig vom Flugleitzentrum bei Moskau. Vorher dauerten Reisen zur ISS zwei Tage. Die drei Astronauten sollen dort etwa ein halbes Jahr bleiben.
Seifenblasen in der Schwerelosigkeit
Mit einer ersten Videokonferenz nach der Ankunft auf der Internationalen Raumstation ISS hat sich der deutsche Astronaut Alexander Gerst inzwischen bei seiner Familie gemeldet. "Der Flug war fantastisch", sagte der 38-Jährige bei der Schalte aus 400 Kilometern Höhe zum Weltraumbahnhof Baikonur in Kasachstan. "Ich kann es noch nicht glauben, es ist wie im Traum. Der Blick auf die Erde ist super."
Zum Team gehören neben Gerst Maxim Surajew aus Russland und Reid Wiseman aus den USA. Rund 100 Experimente stehen auf dem Plan. Dabei wird der Geophysiker und Vulkanologe mit Metallen, Plasmen und Robotern in der Schwerelosigkeit in 400 Kilometern experimentieren - und für ein Schulprojekt auch Seifenblasen mit Hilfe von Schallwellen bewegen.
Erkenntnisse über das Altern
Als eines der wichtigsten Experimente gilt die Inbetriebnahme eines neuartigen Hightech-Schmelzofens, mit dem neuartige Legierungen getestet werden sollen. Sie können zur Entwicklung leichter und stabiler Werkstoffe beitragen, die etwa für die Luftfahrt von großer Bedeutung sind.
Gersts Aufenthalt im All soll laut Deutschem Luft- und Raumfahrtzentrum auch weitere Erkenntnisse über den Prozess des Alterns liefern. Denn in der Schwerelosigkeit läuft im Zeitraffer das Gleiche ab, was Menschen beim Alterungsprozess auf der Erde erleben: Muskelabbau, Osteoporose, Rückenbeschwerden, Kreislauf- und Orientierungsprobleme, zunehmende Kraftlosigkeit sowie Probleme im Immunsystem. Daher können in der Raumfahrtmedizin an gesunden Astronauten Alterungsphänomene studiert und Mittel für deren Lösung oder Linderung gesucht werden.
Der Kölner Dom als Glücksbringer
Außerdem sind astrobiologische Experimente Teil der Mission. So sollen unter anderem Mikroorganismen in einer Anlage an der Außenseite der ISS den unwirtlichen Bedingungen des Weltraums ausgesetzt werden - um herauszufinden, wie sie auf die harte Strahlung und das Vakuum reagieren.
In seinem ganz persönlichen Reisegepäck führt Gerst übrigens ein besonderes Mitbringsel von der Erde mit: ein kleines Stück aus dem Mauerwerk des Kölner Doms. Nach seiner Rückkehr will der in Köln ausgebildete Astronaut das Stück wieder in den Kölner Dom einfügen.
gmf/cw/qu (afp, dpa)