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Snowkiten auf dem Feldberg

Charlotte Janz23. Januar 2014

Wintersport mal anders: Ohne volle Lifte und Pisten. Aber mit Wind und einem Lenkdrachen. DW-Reporterin Charlotte Janz ist über schneebedeckte Weiten hinweggefegt, bei einem Snowkitekurs im Schwarzwald.

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Snowkiten auf dem Feldberg
Bild: B. Näther

Mitten im Januar, im tiefsten Winter, herrscht im Süden von Baden-Württemberg frühlingshaftes Wetter. In Freiburg hat der erste Biergarten geöffnet. 30 Kilometer weiter östlich, im Schwarzwald, glitzert der Titisee einladend in der Sonne. Entlang der Weiden und Felder von Deutschlands größtem Mittelgebirge sprießen Krokusse. Nur auf den Feldberg ist Verlass. Der höchste Berg des Schwarzwaldes ist schneebedeckt. So gehört sich das für ein Skigebiet im Winter. Der 1493 Meter hohe Berg mit seinen 14 Liftanlagen und 16 Pisten gilt als schneesicher.

Als ich in den Sessellift steige, bin ich etwas aufgeregt. Heute gehe ich nicht einfach snowboarden. Oder skifahren. Oder schneeschuhwandern. Alles Dinge, die man auf dem Feldberg machen kann. Heute lerne ich etwas Neues: Snowkiten. Von einem Lenkdrachen möchte ich mich auf Skiern über den Schnee ziehen lassen.

Ein Mekka für Snowkiter

Jeder Anfang ist schwer. Besonders mit dem Snowboard. Auf Skiern ist es leichter, beim Kiten die Balance zu halten
Jeder Anfang ist schwer. Besonders mit dem Snowboard. Auf Skiern ist es leichter, beim Kiten die Balance zu haltenBild: C. Janz

Oben angekommen, verrät mir ein rot-gelber Drache am Himmel, wo die Snowkiter sind. Der Feldberg hat nämlich gar keinen richtigen Gipfel. Eine weite, flache Ebene bildet die Kuppe des höchsten Bergs im Schwarzwald. Traumbedingungen für Snowkiter. Das hat sich zumindest Benjamin Näther gedacht, als er vor acht Jahren die Snowkiteschule Globalxteam gründete. 2012 wurde er Europameister im Snowkiten. Er muss es also wissen.

An diesem Tag unterrichtet seine Mitarbeiterin Karla Ebert am Feldberg. Als ich eintreffe, ist die Snowkite-Lehrerin noch mit anderen Schülern beschäftigt. Zwei Paare, alles Anfänger, haben gemeinsam einen Kurs gebucht. Nun sollen sie zeigen, was sie gelernt haben. Das Ergebnis ist ernüchternd. Ein junger Mann mit Snowboard unter den Füßen kommt keine zwei Meter weit, bevor der Kite ihn umreißt. Zwar schafft er es, auf dem Boden liegend, den Drachen über seinem Kopf zu halten. Aber ich habe mir Snowkiten weniger statisch vorgestellt. Karlas Tipp an ihn: "Du sagst dem Schirm, wo er hinwill. Nicht er dir."

Lenken ist wie Boxen

Als die Pärchen erschöpft von dannen ziehen, komme ich an die Reihe. Karla sieht meinen skeptischen Blick und zwinkert mir zu. "Mit Skiern ist es viel leichter, Snowkiten zu lernen", verspricht die 23-Jährige, während sie mir ein Trapez umschnallt. In den Hüftgurt soll ich später den Drachen einhängen. "Du hast eine bessere Balance als mit dem Snowboard und kannst Ausfallschritte machen, wenn der Kite zu sehr zieht", erklärt Karla.

So weit bin ich aber noch lange nicht. Zuerst muss ich den Drachen in die Luft bekommen. Gar nicht so einfach. Karla positioniert mich und den Schirm entsprechend der Windrichtung. Sobald der Kite über mir schwebt, geht es ans Lenken. Das sei wie boxen, behauptet die Sportstudentin. Abwechselnd streckt sie einen Arm nach vorne und zieht den anderen zur Brust. "Kinderleicht", sagt Karla. Ziemlich schwer, denke ich.

Theorie und Praxis: Snowkitelehrerin (links) und DW-Autorin (rechts) kämpfen mit dem Drachen
Theorie und Praxis: Snowkitelehrerin (links) und DW-Autorin (rechts) kämpfen mit dem DrachenBild: D. Rock

Nach etlichen Versuchen werde ich langsamer sicherer. Während Karla aufpasst, dass der Schirm nicht abstürzt, schnalle ich meine Skier an. Dann hängt sie den Schirm in meinen Hüftgurt und sagt: "Jetzt kleine Achten lenken. So setzt du dich in Bewegung." Und ja, ich beginne zu gleiten. Was für ein Gefühl! Meine Freude ist so groß, dass meine Achten immer mutiger werden. Zu mutig. Der Schirm stürzt in den Schnee.

Zur Not hinsetzen

Die Sonne ist kurz vor dem Untergehen. Jetzt sind wir beiden die einzigen Snowkiter weit und breit. An besonders windigen Tagen sieht man hier 40 bis 50 Kiter hin- und herdüsen. Mittlerweile dürfen zwei Kiteschulen hier Unterricht geben. Aber nur bis Mitte März. Danach ist das Snowkiten aus Naturschutzgründen auf dem Feldberg verboten.

Das Gleiten mit dem Kite klappt schon so gut, dass ich gar nicht merke, wie ich das Plateau verlasse. Karla wedelt mit den Armen und ruft etwas. Ich nehme an, dass sie mich anfeuert. Ich johle. Und sehe vor mir einen Zaun. Erst jetzt merke ich, dass ich die Ebene verlassen habe und bergab gefahren bin. Notbremse: Ich setze mich in den Schnee und lasse den Kite abstürzen. Außer Atem kommt Karla bei mir an: "Du musst gegen den Wind kreuzen, um zum Ausgangspunkt zurückzufahren", sagt sie. Und: "Das zeige ich dir beim nächsten Mal."

Kiten, bis die Sonne untergeht: Alpensicht bei der Abfahrt vom Feldberg
Kiten, bis die Sonne untergeht: Alpensicht bei der Abfahrt vom FeldbergBild: C. Janz

Denn mittlerweile ist es schon recht dunkel. In der Ferne leuchten die Alpen im Abendrot. Ich könnte noch ewig über den Schnee gleiten, doch wir müssen die Schirme zusammen packen. Die Lifte stehen schon still. Bei der Abfahrt kommen uns die Raupen entgegen und beginnen mit dem Präparieren der Pisten. Kein Skitag ist so schnell vergangen wie dieser.