1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Sierens China: Cruisen mit dem Clan

Frank Sieren20. August 2016

Immer mehr Chinesen machen Urlaub auf Kreuzfahrtschiffen. Die Rostocker Reederei Aida Cruises stellt sich auf die neuen Kunden ein. Denn die chinesischen Kunden haben besondere Wünsche, meint Frank Sieren.

https://p.dw.com/p/1Jl0v
Das Sonnendeck auf einem Kreuzfahrtschiff (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/B. Weißbrod

Nicht zehn Tage, nicht zwei Wochen - maximal sechs Tage nehmen sich in Asien Urlauber für eine Kreuzfahrt. So lange dauerten die Hälfte der gebuchten Kreuzfahrten: sechs Tage oder weniger. Die Zahl der Kurzreisen aus Chinas Häfen stieg im vergangenen Jahr um 83 Prozent. Die Chinesen sind die wichtigsten Kunden in Asien. Denn es sind vor allem Chinesen, die Kurzurlaube auf Kreuzfahrtschiffen buchen. Bei der neuen Mittelschicht gilt: Sie fahren nur kurz, aber gern mit dem ganzen Clan.

Auch Aida Cruises, die deutsche Tochter der britisch-amerikanischen Carnival Corporation & plc, dem größten Kreuzfahrtunternehmen der Welt, will bei diesem Geschäft jetzt mitmischen. Die Rostocker wollen im kommenden Jahr ein Schiff nur in China einsetzen. Denn die Zahl der Passagiere auf Kreuzschiffen steigt: 2015 um 24 Prozent auf 2,08 Millionen. Darunter eine Million Chinesen. Tendenz natürlich steigend. 2015 fuhren 60 Hochseekreuzfahrtschiffe in Asien. Das waren 15 Prozent mehr als noch 2014. Der internationale Verband Cruise Lines International Association (Clia) erwartet, dass im laufenden Jahr noch Kapazitäten für bis zu etwa 3,2 Millionen Passagiere geschaffen werden.

Asiatische Küche und Hausschuhe

DW-Kolumnist Frank Sieren (Foto: privat)
DW-Kolumnist Frank SierenBild: Frank Sieren

Die Reedereien buhlen nun weltweit um die asiatischen und speziell die chinesischen Reisenden. Um sie zu binden, müssen sie ihre Schiffe umgestalten. Das bedeutet nicht nur, generell die Reisedauer auf die Bedürfnisse der asiatischen Reisenden zuzuschneidern, sondern auch die Küche auf den Schiffen zu einer asiatischen umzuwandeln, und zumindest Hausschuhe in jeder der Kabinen für die Gäste bereitzuhalten. Denn Chinesen laufen nicht gerne mit nackten Füßen oder in Strümpfen auf Parkett oder Teppichen. Sie sind es gewohnt, auch daheim Hausschlappen anzuziehen. Und die Kreuzfahrtbetreiber wollen, dass sie sich wie zu Hause fühlen, so dass Kosten, angesichts der Tatsache, dass die Chinesen noch bereit sind, hohe Preise für Kreuzfahrten zu bezahlen, nicht gescheut werden.

"In China haben wir keine Schwierigkeiten, Wachstumsraten von 40 und 50 Prozent zu sehen", so Royal Carribbean Cruises Geschäftsführer Richard Fain bei der Präsentation der Zahlen für das zweite Quartal. Royal Caribbean, ein US-Anbieter für Kreuzfahrten auch in Asien, hat auf seinen Schiffen nicht nur mehr Casinos und Läden zum Shoppen eingerichtet, sondern gleich das amerikanische Burger-Restaurant in eine "Kung-Fu Panda Nudelbar" umbenannt. Für eine Skulptur eines Pandabären auf dem Deck hat die US-Reederei sogar 4,5 Millionen Dollar ausgegeben. Aber auch die Konkurrenz schlummert nicht. Carnival Corp., der weltgrößte Anbieter von Kreuzschifffahrten, hat seine Kapazität in diesem Jahr allein in China um 60 Prozent erhöht und plant weitere 30 Prozent für das kommende Jahr hinzuzufügen.

Großes Wachstumspotenzial

Carnival hat derzeit schon sechs Schiffe, die in den Häfen Chinas liegen. Etwa noch einmal so viele kommen nun dazu: drei allein in diesem Jahr und zwei noch bis 2020. Das drittgrößte Unternehmen in der Branche, die Norwegian Cruise Line, plant seinen Markteintritt für China erst für Mitte 2017. Dass die Ticketpreise für Kreuzschifffahrten in China im zweiten Quartal etwas nachgelassen haben, kommt eher durch den Anstieg der Angebote und nicht etwa durch nachlassendes Interesse der Chinesen, mit dem Schiff zu verreisen. So stieg die Kapazität in diesem Jahr für Asien um 51 Prozent.

Doch nur gerademal 15 Prozent der chinesischen Bevölkerung gab an, bisher auf einem Kreuzfahrtschiff Urlaub gemacht zu haben. Das müssen sich die Chefs von Aida Cruises nicht zweimal sagen lassen. Sie sind nicht die Einzigen in Deutschland, die davon profitieren. So baut die Meyer Werft in Papenburg derzeit Schiffe für Asien. Und einer der größten Kreuzfahrtanbieter in Asien, die malaysische Genting Group, die vier Werften in Norddeutschland übernommen hat, investiert 3,5 Milliarden Euro für den Bau von zehn Kreuzfahrtschiffen für Asien. Insofern befindet sich die AIDA Gruppe voll im Trend. Nur am Namen sollten die Rostocker noch einmal arbeiten: AIDABELLA ist nicht nur für Chinesen schlecht auszusprechen.

DW-Kolumnist Frank Sieren lebt seit 20 Jahren in Peking.