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Aus Fehlern lernen

Frank Sieren7. September 2015

Japan wirft China vor, die Weltkonjunktur zu schwächen. Doch die übrigen G-20-Staaten sind mit China den Umständen entsprechend zufrieden, meint DW-Kolumnist Frank Sieren.

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G20-Gruppenbild in Ankara - Foto: Umit Bektas (Reuters)
Bild: Reuters/U. Bektas

Trotz der Achterbahnfahrt an Chinas Börsen der vergangenen Wochen und der sich dort seit Beginn des Jahres abkühlenden Wirtschaft sind die Finanzminister und Notenbanker der G-20-Länder zuversichtlich, dass dies keine weltweite Krise auslösen wird. Der stellvertretende türkische Ministerpräsident Cevdet Yilmaz sprach auf dem Treffen der G-20 am Wochenende in Ankara aus, worauf die Weltgemeinschaft ihr Wachstum weiterhin stützt: "Die G-20 gehen weiter davon aus, dass Chinas Wirtschaft in diesem Jahr um sieben Prozent wachsen wird. Das wird Sorgen lindern."

Aber auch die ungewöhnliche Offenheit des chinesischen Zentralbankchefs Zhou Xiaochuan und seiner Delegation sorgte für eine gute Gesprächsbasis während des G-20-Treffens, und brachte China statt Kritik eher Respekt und Vertrauen ein. Kanadas Finanzminister Joe Olivier lobte China, "eine konstruktive Rolle" zu spielen. Olivier findet es normal, dass eine Abschwächung der zweitgrößten Wirtschaftsmacht der Welt auch Auswirkungen auf das Wachstum der globalen Wirtschaft hat, und will die Probleme eher anpacken als einen Sündenbock ausfindig machen.

Kritik aus Japan

Eigentlich nur der japanische Finanzminister Taro Aso war anderer Ansicht. Er ist überzeugt, dass Peking mit seiner Politik die Stabilität der Weltwirtschaft gefährdet. Sympathie der anderen G-20-Mitglieder hat ihm das allerdings nicht eingebracht. In der deutschen Delegation hieß es, der Auftritt des japanischen Ministers habe "erhebliche Irritationen" hervorgerufen. Die EU-Delegation sprach von einem "peinlichen Auftritt". Der Japaner habe argumentiert, wie es in "fernen Kriegstagen" üblich war. So fiel sein Vorwurf, dass China nicht ausreichend Vorsorge getroffen habe und die Erklärungen der chinesischen Vertreter "nicht konstruktiv" gewesen seien, eher auf Japan zurück.

Frank Sieren - Foto: Marc Tirl (dpa)
Frank SierenBild: picture-alliance/dpa/M. Tirl

Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble jedenfalls kann keine Fehler der chinesischen Währungshüter ausmachen. Im Gegenteil: Er sieht weiter gute Chancen, dass Chinas Währung Yuan bald zu einer Weltreservewährung aufsteigt. Japan, der Inselstaat, befindet sich nicht nur in einer Rezession, sondern hat auch selbst keine Lösungsansätze für die anhaltende wirtschaftliche Flaute im eigenen Land. Insofern erinnert Aso eher an einen, der selbst im Glashaus sitzt, aber trotzdem mit Steinen wirft. Zentralbanker Zhou versuchte nicht einmal zu behaupten, China habe alles richtig gemacht. Und im Übrigen sollten die anderen erstmal vor ihrer eigenen Tür kehren.

Diplomatische Abschlusserklärung

Zhou sprach von Fehlern und Fehlinvestitionen sowie von Überlegungen, wie man es zukünftig besser machen kann. Das war zumindest so geschickt, dass die G-20 in ihrer Abschlusserklärung darauf verzichtete, China direkt in einen Zusammenhang mit einer aktuellen Unsicherheit an den Finanzmärkten zu bringen. "Wir begrüßen die Stärkung der Wirtschaft in einigen Volkswirtschaften, aber das globale Wachstum bleibt unter unseren Erwartungen", schreiben die Finanzminister und Notenbankchefs am Ende in ihrer Erklärung sehr diplomatisch.

Vielmehr ist der Ball nun auf der Seite der Amerikaner, die von den Schwellenländern aufgefordert worden sind, die anhaltenden Spekulationen über eine Zinsanhebung der amerikanischen Notenbank zu beenden und damit der Unsicherheit auf den globalen Finanzmärkten ein Ende zu setzen. So kann es auch gehen: Angriff nach vorn, so wie die Chinesen es nun in Ankara gezeigt haben, und dann aus der Schusslinie sein, weil nicht mehr in die Vergangenheit, sondern in die Zukunft geschaut wird. Ganz hat das allerdings nicht geklappt. Denn China wurde auch an einer zweiten Stelle zwar nicht erwähnt, war jedoch auch gemeint: Kein Land solle sich an dem Abwertungswettlauf der Währungen beteiligen, um nationale Wettbewerbsvorteile zu erlangen. Wenn es für China jedoch hart auf hart kommt, wird Peking diesen Rat ignorieren.

DW-Kolumnist Frank Sieren lebt seit 20 Jahren in Peking.