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UNO Palästina

21. September 2011

Die Palästinenser streben nach einer Aufwertung ihres Status bei den Vereinten Nationen. Ziel ist ein unabhängiger Palästinenserstaat. Dieses Anliegen ist berechtigt, meint Rainer Sollich.

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Bild: DW

Je mehr man über die mögliche Anerkennung eines palästinensischen Staates nachdenke, schrieb kürzlich ein Kommentator in der konservativen deutschen Tageszeitung "Die Welt", desto gefährlicher erschienen die Konsequenzen: "Jede Gewaltmaßnahme, jeder Terror gegen Israel seitens der Hamas würde im Fall einer israelischen Vergeltung sofort als zwischenstaatlicher Akt angeprangert werden und unabsehbare internationale Folgen haben", warnte der Autor in seiner Kolumne. Das stimmt, wie auch vieles anderes richtig ist, was in diesen Tagen gegen die Initiative der Palästinenser vorgebracht wird. Es stimmt, dass die Palästinenser diesen Schritt einseitig gehen. Und es stimmt auch, dass sie heute für eine Lösung streiten, die sie nach dem Zweiten Weltkrieg selbst abgelehnt hatten: Eine Zwei-Staaten-Lösung auf dem Boden des ehemaligen Mandatsgebiets Palästina.

Druck symbolisch erhöhen

Porträt von Rainer Sollich, Leiter der Arabischen Redaktion (Foto: DW)
Rainer Sollich, Leiter der Arabischen RedaktionBild: DW

All dies ist richtig - und kann dennoch kein Argument gegen die Initiative der Palästinenser sein. Genauso, wie Israels Existenzrecht niemals in Frage gestellt werden darf, muss umgekehrt den Palästinensern klar signalisiert werden, dass die Gründung ihres eigenen Staates an der Seite Israels keine unverbindliche Zukunftsoption ist. Die internationale Staatengemeinschaft - einschließlich der Europäer und der USA - bekennt sich ja auch zu diesem Ziel, ebenso Israel selbst. Israels gegenwärtige Regierung ist bisher jedoch nicht davon zu überzeugen, die Besiedlung besetzten Landes zu stoppen oder einer Lösung auf Basis der Grenzen von 1967 zuzustimmen. Wenn hier zumindest symbolisch der Druck erhöht wird, dann ist das trotz aller Risiken politisch kein Fehler.

Berechtigte Ungeduld

Dass Israel sich zunehmend isoliert und im Zuge der arabischen Revolutionswellen wieder zum bevorzugten Hassobjekt in der Region wird, muss gerade uns Europäern Sorgen bereiten. Attacken gegen israelische Botschaften oder antijüdische Ressentiments, die in vielen arabischen Ländern nicht nur von unbelehrbaren Extremisten gepflegt werden, können und dürfen wir niemals akzeptieren. Ebenso wenig den sogenannten "Widerstand" von Gruppen wie Hamas oder Islamischer Jihad, der in Wirklichkeit meist nichts anderes ist als Terror gegen Zivilisten. Die Initiative der Palästinenser-Führung ist jedoch Ausdruck einer berechtigten Ungeduld: Wie lange will die internationale Staatengemeinschaft, wie lange will vor allem Israel selbst noch warten, bis es dem palästinensischen Volk endlich eine glaubwürdige Perspektive für eine baldige Staatsgründung zugesteht?

Hass und Wut sind gefährlicher

Es kommt nicht so sehr darauf an, wer im Weltsicherheitsrat welches Veto einlegt oder ob die Palästinenser sich vorerst mit einem Status nach Vorbild des Vatikanstaats zufrieden geben könnten. Es kommt einzig darauf an, dass es endlich greifbare Fortschritte in der Sache geben wird. Ein Palästinenser-Staat wird aus israelischer, aber auch aus internationaler und regionaler Perspektive durchaus ein Wagnis sein - wie jeder neue Staat, der aus einem schwierigen Konflikt heraus geboren wird. Vielleicht wird er sogar wirklich ein "Sicherheitsrisiko" darstellen, wie der Kommentator der "Welt" es formuliert. Der jetzige Zustand aus Frustration und zunehmend um sich greifendem Hass und Wut ist jedoch noch viel gefährlicher.

Einzig ein inner-arabisches Argument spricht gegen den jetzigen Vorstoß der Palästinenser: Die Initiative verschiebt den Fokus der internationalen Aufmerksamkeit - und lenkt damit unter anderem vom anhaltend brutalen Vorgehen der syrischen Machthaber gegen die eigene Bevölkerung sowie von den mangelnden demokratischen Fortschritten im post-revolutionären Ägypten ab.

Autor: Rainer Sollich
Redaktion: Lina Hoffmann