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Shopping für Couch-Potatoes

Klaus Deuse 5. Mai 2004

Die Binnenkonjunktur in Deutschland lahmt, der Einzelhandel jammert. Ganz anders die Lage der Fernseh-Verkaufskanäle: Dort ordern immer mehr Bundesbürger Haushaltsgeräte, Schuhe oder Kleider. Per Telefon oder Internet.

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Hinsetzen, Füße hoch und Geld ausgebenBild: Presse

Wenn die Bundesbürger zum Einkaufsbummel starten, dann bleiben immer mehr von ihnen dabei daheim auf der Couch sitzen und schlendern via Fernsehen durch die bunte Warenwelt. Die Präsentation der Produkte reizt zwar des öfteren ungewollt zum Schmunzeln, aber die allseits beklagte Konsumflaute ist an den TV-Kaufhäusern spurlos vorbei gegangen.

Der Teleshoppingkanal QVC etwa, der täglich 19 Stunden auf Kundenfang geht, steigerte in nur einem Jahr den Nettoumsatz um über 30 Prozent auf fast 290 Millionen Euro. Damit erzielte der Sender, der von 34 Millionen Haushalten empfangen werden kann, ausgerechnet im Horrorjahr des Einzelhandels (2003) einen Gewinn von 7,3 Millionen Euro und schrieb erstmals schwarze Zahlen. Und auch in diesem Jahr peilt QVC - ein Kürzel, das für Quality, Value und Convenience steht - abermals ein Wachstum von rund 30 Prozent an.

Animiertes virtuelles Einkaufserlebnis

Um die Position des Marktführers bahnt sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit dem Konkurrenten HSE - Home Shopping Europe - an, der schon seit längerem schwarze Zahlen schreibt und beim Umsatz jährlich in einer zweistelligen Größenordnung zulegt. Letzter Stand: fast 350 Millionen Euro. Auf beiden Kanälen versuchen die Moderatoren die Kunden nach dem gleichen Strickmuster zum Kauf zu bewegen:

Wahnsinn, was Dennis-Jacken normalerweise kosten. Bitte bleiben Sie dran. Die Leitungen sind noch immer dicht,

Sie sparen über 56 Euro. Fast 2000 Bestellungen

sind schon eingegangen.

Achtung, die Hälfte des einmaligen Angebots

ist jetzt schon weg."


Bei QVC reagieren auf solche Offerten im Jahr 1,3 Millionen Zuschauer mit einer Bestellung, bei HSE fast 1,5 Millionen. Der Höhenflug der TV-Kaufhäuser geht dabei zu 80 Prozent auf das Konto von Frauen im Alter zwischen 39 und 60 Jahren. Männer bestellen nachweislich nur selten verschließbare Plastikbehältnisse, in denen sowohl frisch geraspeltes Sauerkraut als auch ein Sauerbraten geruchsfrei wochenlang die Frische behalten. Doch wenn man dabei angeblich noch sparen kann, dann rollt der Rubel:

"Die Dosen sind zu und dicht, und zwar von der größten bis zur kleinsten. Sollen wir mal gucken, was alles im Set drin ist? Es sind 15 Dosen, 19,55 Liter insgesamt, Plus zwei Frischegitter. Achtung, wir haben es schon 25.000 mal verkauft und all die Damen und Herren haben den Einführungspreis genutzt, aber der endet bald. Nutzen Sie den Preisvorteil."

Pro Tag lassen bei QVC 30.000 Anrufer die Kassen klingeln. Rechnet man die konkurrierenden Mitanbieter HSE und den RTL-Shop-Shop hinzu, dann kaufen tagtäglich über 100.000 Deutsche via Mattscheibe ein. 46 Prozent der Bestellungen sind Wohnaccessoires, 31 Prozent Schmuck.

Riesenmarkt mit Riesenpotential

Geplatzt ist bislang zwar noch keine Telefonzentrale, dafür laufen aber immer öfter die Leitungen heiß. Selbst das jüngste Mattscheibenkaufhaus, der RTL-Shop, konnte seinen Umsatz in nur einem Jahr auf über 130 Millionen Euro verdoppeln. Die einstmals belächelten Einkaufskanäle haben ihre Kundschaft gefunden und peilen ein Marktvolumen von jährlich zwei Milliarden Euro an. Teleshopping erweist sich für die Anbieter mehr oder weniger als Geldmaschine. Inzwischen können sich die Kunden nämlich auch den Weg ins Reisebüro sparen und direkt bei "Sonnenklar-TV" oder beim "TV-Travel-Shop" den Urlaubstrip in den Süden buchen. Allein in der ersten Woche des Jahres vermittelte "Sonnenklar-TV" Reisen im Wert von sechs Millionen Euro.