Serebrennikow-Prozess beginnt mit Rückschlag
17. Oktober 2018Ein Stadtgericht in Moskau hat zum Auftakt des Prozesses den Hausarrest gegen den Theatermacher Kirill Serebrennikow bis zum 3. April 2019 verlängert, wie eine Gerichtssprecherin mitteilte. Die Anhörung fand hinter verschlossenen Türen statt. Eigentlich hatte der 49-Jährige nach Angaben seines Anwaltes darauf gehofft, im Zuge des Verfahrens wieder seine Wohnung verlassen zu dürfen. Für Donnerstag kommender Woche wurde die erste öffentliche Anhörung angesetzt.
Es drohen zehn Jahre Haft
Das russische Kulturministerium wirft Serebrennikow vor, gemeinsam mit drei Mitarbeitern seiner Produktionsfirma "Siebtes Studio" zwischen 2011 und 2014 umgerechnet knapp zwei Millionen Euro staatlicher Fördermittel veruntreut zu haben. Er habe die Zuwendungen für Stücke bekommen, die nie aufgeführt worden seien, heißt es. Serebrennikow, der die Anschuldigungen zurückweist, drohen zehn Jahre Gefängnis.
Die Restriktionen, die das Gericht dem Regisseur bereits im vergangenen Sommer auferlegte, sind streng: Er darf sich nur mit seiner Verteidigung austauschen, Internetzugang ist ihm verwehrt. Der Kontakt zu Kollegen ist verboten, Treffen mit der Familie sind stark begrenzt. Serebrennikow leitet das renommierte Gogol-Zentrum in Moskau, seine Stücke werden auch in Deutschland aufgeführt.
Obwohl er sich nie offen gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin stellte, kritisierte der Regisseur immer wieder den wachsenden Druck auf die Künstlerwelt im Land. Mit seinen Inszenierungen, die sich mit Politik, Religion oder Sexualität befassten, wurde Serebrennikow zur Zielscheibe von Behörden und orthodoxer Geistlichkeit.
In dem Verfahren sieht der Regisseur den Versuch der Politik, ihn einzuschüchtern und ein Exempel zu statuieren. Russische und internationale Künstler kritisierten, auf diese Weise solle die kritische Kulturszene in Russland mundtot gemacht werden.
Anwalt will 400 Zeugen präsentieren
Serebrennikows Anwalt kündigte an, etwa 400 Zeugen vorzuladen, die die Unschuld seines Mandaten belegen sollten. "Wir wollen alle Teilnehmer der Theaterprojekte ins Gericht bitten. Sie sollen bezeugen, dass die Vorstellungen stattgefunden haben", sagte Dmitri Charitonow laut der Nachrichtenagentur Tass. Der Jurist hatte zuvor betont, Beweise der Verteidigung seien immer wieder aus fadenscheinigen Gründen abgelehnt worden. Die Ermittler seien in ihrer Arbeit zudem nicht objektiv vorgegangen.
se/qu (dpa, afp)