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Serbien und Montenegro drohen finanzielle Folgen wegen der Nichtzusammenarbeit mit dem Kriegsverbrecher-Tribunal

1. September 2004
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Bonn, 1.9.2004, DW-RADIO/Bosnisch, Ejub Stitkovac, aus Belgrad

Die Nichtzusammenarbeit mit dem Den Haager Kriegsverbrecher-Tribunal [ICTY] kosten jeden Bürger von Serbien und Montenegro mehr als alle Naturkatastrophen zusammen. Einige von ihnen erwähnen Hunderte von Millionen US-Dollar an nicht ausgezahlten Entwicklungshilfemitteln, die im amerikanischen Budget vermerkt sind und blockiert bleiben, bis der bosnische Serben-General Ratko Mladic an das Den Haager Tribunal ausgeliefert wurde. Der Wirtschaftsfachmann Misa Brkic sagte im Gespräch mit der Deutschen Welle, dass andere Wirtschaftsverluste diese Hilfsgelder bei weitem in den Schatten stellen: "Das was langfristig noch viel größeren Schaden anrichtet ist, dass amerikanische Vertreter in internationalen Finanzinstitutionen, also der Weltbank und dem Internationalen Währungsfonds, ein Veto einlegen und dadurch alle Kredite und Finanzhilfen, die diese Institutionen abwickeln, auf Eis legen. Hierbei handelt es sich um 500 bis 700 Millionen US-Dollar."

Nach seiner Ansicht kann eine Fortsetzung der unzureichenden Zusammenarbeit mit dem Den Haager Tribunal zu einer wirtschaftlichen Isolation des Landes führen, die der ähnelt, die es schon einmal während des Krieges gab. "Auf lange Sicht kann es neben der Blockade der Zusammenarbeit mit der Weltbank und dem Internationalen Währungsfond auch zu einer Isolation von Serbien und Montenegro auf den internationalen Finanzmärkten führen. Es besteht noch eine größere Gefahr, dass also die Wirtschaft von Serbien und der Staatsgemeinschaft mit Montenegro definitiv isoliert wird. Ich habe den Eindruck, dass die Verantwortungslosigkeit der serbischen Regierung derzeit zu groß ist und sich auch dadurch äußert, dass die Regierung gegenüber ihren Bürgern nicht offen auftritt und ihnen das auch so erklärt."

Auf die Frage, warum die Wirtschaftler der Regierung nicht die Stimme erheben, antwortet Brkic: "Keiner will in diesem Moment den Bürgern sagen, welcher Schaden entsteht. Anstelle dessen starren alle auf die Meinungsumfragen, die zeigen, dass die Mehrheit der Bevölkerung die Zusammenarbeit mit dem Den Haager Tribunal nicht wünscht. Aber gleichzeitig sagen auch die meisten Menschen in den Meinungsumfragen, dass sie eine solche Isolation nicht wieder wollen. Also haben die Politiker auf der einen Seite Angst vor dem Druck der öffentlichen Meinung und vermeiden es, die Zusammenarbeit voranzutreiben, auf der anderen Seite hätten sie einen günstigen Wind im politischen Klima, den sie auch ausnutzen könnten, nämlich die Abneigung der Bürger, eine neue Isolation zu erleiden. Sie könnten also die Wahrheit sagen."

Brkic sagt ferner, dass man in den politischen Stellungnahmen noch zu viele demagogische Aussagen finde, die eine Isolation noch verstärken könnten, denn es gebe noch immer wenige Anzeichen, dass die Verantwortlichen in der Regierung die Staatsinteressen über ihre Partei-Interessen stellten. (md)