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Separatisten stürmen weitere Gebäude

30. April 2014

Prorussische Separatisten haben in der Stadt Horliwka ungehindert die Polizeizentrale und das Rathaus gestürmt. In Kiew spricht Übergangspräsident Turtschinow von "Generalmobilmachung" der Streitkräfte.

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Bewaffneter Mann mit Maske hinter Autoreifen Horliwka in der Ostukraine (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Die prorussischen Aktivisten bauen ihren Machtbereich aus: nun überrannten sie auch in der ostukrainischen Stadt Horliwka öffentliche Gebäude. Dies berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. Die maskierten Besetzer hätten ohne Widerstand der Polizei vordringen können. Horliwka liegt etwas nördlich von Donezk, in der Stadt leben rund 300.000 Menschen.

Erst am Dienstag hatten prorussische Aktivisten in Luhansk, nahe der russischen Grenze, ein Verwaltungsgebäude, das Gebäude der Staatsanwaltschaft sowie das Polizeirevier eingenommen. Auch hier hatte sich die Polizei passiv verhalten. Insgesamt halten die Separatisten nun öffentliche Einrichtungen in etwa einem Dutzend ostukrainischer Städte besetzt.

"Truppen in Alarmbereitschaft"

Der ukrainische Übergangspräsident Alexander Turtschinow warnte erneut in Richtung Russland mit einer Generalmobilmachung der Armee. Die ukrainischen Streitkräfte wappneten sich gegen eine mögliche "Invasion" der an der Grenze zusammengezogenen russischen Truppen. Ob diese allerdings noch weiter dort stationiert sind oder, wie von Russland verkündet, tatsächlich aus dem Grenzgebiet abgezogen wurden, ist weiterhin unklar.

Der ukrainische Übergangspräsident sagte weiter, das oberste Ziel der Ukraine sei es nun, eine "Ausweitung des Terrorismus" aus den besetzten Städten im Osten auf den Rest des Landes zu verhindern. Dabei sprach er auch von "Freiwilligen-Milizen", die den Sicherheitskräften in den belagerten Städten zur Hilfe kommen könnten. "Wir haben uns entschlossen, vor Ort Milizen zu gründen, die aus Freiwilligen aus jeder Region bestehen", so Turtschinow.

Den Sicherheitskräften in der Ost-Ukraine hatte er Versagen vorgeworfen. "Ordnungshüter, die die Ukraine verraten haben und mit den Terroristen zusammenarbeiten, werden zur Verantwortung gezogen", drohte Turtschinow in einer TV-Ansprache. Der Großteil der Einheiten im krisengeschüttelten Osten der früheren Sowjetrepublik sei nicht in der Lage, die Bürger zu schützen, und werde daher ausgetauscht.

Hoffnung für die OSZE-Geiseln ?

Ein Fünkchen Hoffnung gibt es für die westlichen Militärbeobachter. Sie könnten nach Tagen in der Gewalt der Separatisten in absehbarer Zeit freikommen. So sagte der russische Präsident Wladimir Putin nach Angaben der Agentur Interfax, er setze darauf, dass die Militärs die Region ungehindert verlassen könnten.

Ukraine Konflikt Pressekonferenz zu Festnahme in Slawjansk
Die OSZE-Beobachter mit dem selbsternannten Bürgermeister von Slaviansk (Mitte): Hoffnung auf Freilassung?Bild: Reuters

Eine Lösung der Geiselnahme stellten auch die prorussischen Separatisten in Aussicht. Sie hatten die Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) - darunter drei Bundeswehrangehörige und einen Dolmetscher - am Freitag in der Stadt Slowjansk in ihre Gewalt gebracht. Offenbar beharren sie für eine Freilassung der Beobachter nicht mehr auf einen Austausch mit festgenommenen Gesinnungsgenossen. "Wir sind in einem guten Dialog, aber ich denke nicht, dass es eine Freilassung schon heute oder morgen geben kann", zitiert die "Bild"-Zeitung den selbsternannten Bürgermeister von Slowjansk, Wjatscheslaw Ponomarjow. Zu Präsident Putin habe er bislang noch keinen Kontakt gehabt.

IWF: Russisches Wachstum gegen Null

Der Exekutivrat des Internationalen Währungsfonds (IWF) berät in Washington über Milliarden-Hilfen für die Ukraine. Es geht um die Freigabe von geplanten Krediten in Höhe von umgerechnet zehn bis 13 Milliarden Euro für die kommenden zwei Jahre. Dazu will der IWF prüfen, ob sich die ukrainische Übergangsregierung an ihre Zusagen über Reformen und Sparmaßnahmen gehalten hat. Mit Blick auf die westlichen Sanktionen gegen Russland, teilte der Währungsfonds mit, diese hätten bereits Auswirkungen auf die russische Wirtschaft.

Die Experten trauen dem Land in diesem Jahr nur noch ein Wachstum von 0,2 Prozent zu, statt der bislang angenommenen 1,3 Prozent. Und Russland könnte noch ein weiteres Problem treffen: die Kapitalflucht. Allein in diesem Jahr könnten 100 Milliarden Dollar aus dem Land abgezogen werden.

Die USA hatten kürzlich Genehmigungen für die Ausfuhr von Hochtechnologie-Produkten zurückgenommen, wenn diese vom russischen Militär verwendet werden können. Zudem wurden Strafmaßnahmen gegen enge Vertraute von Präsident Wladimir Putin verhängt. Auch die EU hatte Konten weiterer Personen eingefroren. Der Westen wirft Russland vor, sich nicht um eine Entspannung der Lage im Osten des Nachbarlandes Ukraine zu bemühen.

cw/sc (rtr, afp, dpa)