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Schäuble wirbt für Partnerschaft

Jens Thurau11. April 2014

Finanzminister Wolfgang Schäuble wirbt in Washington für eine neue transatlantische Partnerschaft – trotz der NSA-Affäre. Gerade die Ukraine-Krise könne die USA und Europa wieder zusammenführen, findet der Minister.

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Wolfgang Schäuble (foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Leise Worte von Schäuble

Die National Security Agency, jenen amerikanischen Geheimdienst also, der das Verhältnis Deutschlands zu den USA zuletzt so erschütterte, erwähnt Wolfgang Schäuble gleich zu Beginn: "Bei all den Irritationen, für die die drei Buchstaben NSA stehen, bleibt wahr: Wie keine anderen zwei Akteure auf der Weltbühne teilen die USA und Europa gleiche Werte."

Schäuble ist am Rande der Frühjahrtagung des Internationalen Währungsfonds IWF in Washington in den renommierten "Council on Foreign relations" gekommen, um über Amerika, Europa und die USA zu reden.

Das Ende der Geschichte - ein Irrtum

Der deutsche Finanzminister kommt in starker Position: Der IWF hat die deutsche Wirtschaftskraft ausdrücklich gelobt, zuhause hat Schäuble für die kommenden Jahre erstmals Haushalte ohne neue Schulden vorgestellt. Davon träumen viele seiner Kollegen in den anderen Industriestaaten. Er nutzt das für ein paar Angebote an die Amerikaner, aber auch für ein paar Klarstellungen.

Schäuble geht weit zurück bei der Einordnung des transatlantischen Verhältnisses heute: Nach dem Fall der Mauer in Berlin vor 25 Jahren habe manch einer das Ende der Geschichte nahen und den Westen, die USA und Europa für immer siegen sehen – ein Irrtum.

Der verlorene Nimbus

Schwellen- und Entwicklungsländer hätten sich aufgemacht, eigenes Wachstum zu generieren, der Einfluss von China, Indien oder Brasilien werde immer stärker. Und durch zwei Krisen - die von den USA ausgehende Finanzkrise 2008 und die Euro-Krise einige Zeit später - hätten die USA und Europa auch den Nimbus verloren, automatisch ökonomische und moralische Vorbilder für die aufstrebenden Schwellenländer zu sein.

Jetzt müssten beide beweisen, dass sie wieder solide wirtschaften können. Immer wieder bemüht Schäuble die Worte Glaubwürdigkeit, Verlässlichkeit, vor allem wirtschaftlich und haushaltspolitisch. "Es hilft dem Westen nicht, wenn wir nur unsere moralische Stärke betonen und daran scheitern, weiterhin effektive Institutionen und starke Ökonomien zu bewahren."

Stark blieben beide aber weiterhin: Die USA und Europa stünden nach wie vor für gut die Hälfte der Weltwirtschaftsleistung. Und Europa habe die Euro-Krise gut im Griff: "Europa ist nicht mehr der Hauptgrund für weltweite Sorgen".

Die Zeit der Alleingänge ist vorbei

Dann das Thema Russland: In der fortschreitenden Globalsierung komme es auf immer intensivere Zusammenarbeit an, die Zeit nationalstaatlicher Alleingänge sei vorbei: "Und genau deswegen", so Schäuble mit Blick auf die Krim-Krise, "wird Russlands gegenwärtiges imperiales Moment genau das bleiben: Ein Moment." Der CDU-Politiker weiter: "Zur Zeit bietet Russland kein wirklich attraktives Modell für die aufstrebenden neuen Mächte. Und die russischen Wirtschaftsaussichten sind doch eher trübe!"

Europa und die USA aber lasse der Konflikt mit der Ukraine wieder zusammenwachsen, etwa durch eine bessere Kooperation im Energiebereich. Kanada und die USA hatten Deutschland zuletzt Lieferungen von Flüssiggas angeboten, weil Deutschland seinen Anteil von russischem Öl und Gas mindern will. "Die Krise in der Ukraine wird uns helfen, die transatlantischen Bindungen zu stärken und unsere gemeinsamen Interessen wiederzuentdecken," fasst der Minister zusammen.

Hilfen für die Ukraine - Reden mit Russland

Die Ukraine-Krise war natürlich auch Thema des Treffens der Finanzminister der G20 in Washington am Rande der IWF-Tagung. Pikanterweise war es das erste Treffen im G20- Format seit Beginn des Konflikts zwischen Russland und der Ukraine – zur G20 gehört eben auch Russland. „Mit meinem russischen Kollegen Siluanow habe ich seit Jahren eine gute und vertrauensvolle Beziehung“, meinte Schäuble Freitag Morgen noch vor seiner Rede im Council wesentlich diplomatischer. Siluanow habe ihm in der amerikanischen Hauptstadt unter vier Augen die jüngste russische Drohung erläutert, Gaslieferungen in die Ukraine künftig möglicherweise zu drosseln. „Wir teilen die Position so nicht, wir können aber reden“ so Schäuble.

Auch über die in Aussicht gestellten Hilfen des IWF für die Ukraine – in Rede steht ein Betrag zwischen 14 und 18 Milliarden Dollar, der schon im Mai gezahlt werden könnte. „Die Hilfen des IWF sind das entscheidende Mittel für die Ukraine-Hilfe“, so Schäuble. Eben auch, weil Russland als IWF-Mitglied in die Entscheidung eingebunden bleibt. Denn, so der deutsche Minister: Auch die G20- Finanzminister wollten alles tun, damit die Situation rund um die Ukraine nicht weiter eskaliert.

Nicht alle in Washington sehen das so, Teilnehmer berichten, Russland sei im Kreise der G20 durchaus kühl empfangen worden, vor allem die USA hielten demnach mit ihrer Kritik an Russland nicht hinter den Berg. Schäuble müht sich dennoch darum, den Gesprächsfaden aufrecht zu erhalten. Eine Eskalation nutze niemandem.

Bürgerrecht auf Datenschutz

Zurück zur Rede beim "Council in foreign relations": Beim geplanten Freihandelsabkommen zwischen den USA und Europa plädiert Schäuble für Geduld und Augenmaß. Standards etwa beim Umweltrecht müssten behutsam harmonisiert werden. Aber der Finanzminister ist ein klarer Anhänger des Abkommens, das macht er deutlich: "Es ist das wichtigste transatlantische Projekt in absehbarer Zukunft."

Dann doch noch einmal das Thema NSA: Der Westen, Europa und die USA müssten die Menschenrechte verteidigen, zu denen auch die Bürgerrechte und der Datenschutz gehören – und zwar gemeinsam. „Es ist doch lächerlich, wenn sich nur die NSA das Recht heraus nimmt zur flächendeckenden Spionage“. Über die Standards bei der Datensicherheit müsse man sich schon gemeinsam unterhalten und zu Lösungen kommen.

Deutliche Worte an Ende einer ansonsten sehr Amerika-freundlichen Rede.