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Schäuble redet Tacheles

12. Oktober 2012

Soll Griechenland ein weiterer Aufschub bei der Sanierung seiner Staatsfinanzen gewährt werden? Finanzminister Schäuble lehnt einen entsprechenden Vorstoß des Internationalen Währungsfonds ab - vorerst zumindest.

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Wolfgang Schäuble (Foto:reuters)
Bild: REUTERS

Bei der Herbsttagung des Internationalen Währungsfonds und seiner Schwesterorganisation, der Weltbank, sind die Differenzen zwischen IWF-Direktorin Christine Lagarde und dem deutschen Finanzminister deutlich zutage getreten. Wolfgang Schäuble betonte in Tokio, vor weiteren Diskussionen sollte man erst einmal den Bericht der "Troika" aus IWF, Europäischer Zentralbank (EZB) und EU-Kommission abwarten. Abgesandte der internationalen Geldgeber verhandeln derzeit mit der Regierung in Athen über weitere Einsparungen.

Unsicherheiten statt Taten

Schäuble warnte mit Nachdruck davor, über neue Fristen zu spekulieren. "Das schafft nur neue Unsicherheiten." In einer Diskussion mit Lagarde unterstrich der Finanzminster seine Position, dass er "keine Alternative" zur Reduzierung der Staatsschulden in der Eurozone sieht. Mit einer gemeinsamen Währung sei der Druck auf die Wettbewerbsfähigkeit für alle Länder sehr hoch. Dies sei aber kein Grund, den Schuldenabbau zu stoppen - im Gegenteil: Arbeitslosigkeit sei "eine Folge unsolider Haushaltspolitik", führte der Minister weiter aus.

Lagarde hatte sich am Donnerstag dafür eingesetzt, Griechenland bei seinen Sparprogrammen zwei Jahre mehr Zeit einzuräumen, um seine Krise zu überwinden. Der Zeitraum entspricht genau der "Gnadenfrist", um die Ministerpräsident Antonis Samaras wochenlang in den wichtigsten Hauptstädten Europas gebeten hatte.

Den IWF-Vorschlag eines Schuldenschnitts, also eines Forderungsverzichts der öffentlichen Gläubiger gegenüber Griechenland, nannte Schäuble nicht zielführend und lehnte ihn ebenfalls klar ab. Deutschland hat gut 15 Milliarden Euro als bilaterale Kredite für Athen bereit gestellt. Bei einem weiteren Schuldenerlass müsste das Geld abgeschrieben werden.

Standard and Poor`s wertet Spanien ab

Spanien-Herabstufung ein Missverständnis?

Der deutsche Finanzminister kritisierte auch die Herabstufung der spanischen Kreditwürdigkeit durch die Ratingagentur Standard & Poor's (S&P). Die Entscheidung basiere auf einem Missverständnis, das durch unrealistische oder unzutreffende Erwartungen auf den Finanzmärkten geschürt worden sei, sagte Schäuble. S&P hatte die Senkung der Bonitätsnote der viertgrößten Volkswirtschaft in der Euro-Zone von BBB+ auf BBB- am Donnerstag unter anderem mit Zweifeln an der Bereitschaft in Europa begründet, die spanischen Bankschulden zu vergemeinschaften. Hintergrund sind Pläne für eine europäische Bankenaufsicht, die Voraussetzung für eine direkte Rekapitalisierung maroder Banken in den Euroländern durch den Rettungsfonds ist.

Last nicht auf Bundesbanken abwälzen

Bundesbank-Präsident Jens Weidmann nutzte seinen Auftritt bei der Herbsttagung für Mahnungen an die Regierungen und warnte eindringlich davor, bei der Lösung der Schulden- und Konjunkturkrise verstärkt die Zentralbanken einzuspannen. "Was mir Sorgen bereitet ist, dass sich die Hoffnungen und Erwartungen der Politik mehr und mehr auf die Zentralbanken richten als Problemlöser."

Bundesbank-Präsident Jens Weidmann (l.) und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble vor Journalisten in Tokio (Foto: dpa)
Auch Bundesbank-Präsident Weidmann (l.) hält mit seiner Meinung nicht hinter dem BergBild: picture-alliance/dpa

Dies betreffe nicht nur die Euro-Zone, sondern auch andere Währungsräume, sagte der Bundesbank-Chef, der die Pläne der EZB, unbegrenzt Staatsanleihen aus Problemländern anzukaufen, mehrfach deutlich kritisiert hatte. "Letztlich können die Ursachen der Krise nur durch die Regierungen auch beseitigt werden", mahnte Weidmann in einer Pressekonferenz mit Schäuble. Beide erhoffen sich von der IWF-Jahrestagung, dass das "Unverständnis an den Finanzmärkten" weiter ausgeräumt wird. Weidmann sagte, Botschaft dieser Tagung sei, dass der wirtschaftliche, marktgetriebene Anpassungsprozess im Euro-Raum in Gang gekommen sei. Man stehe erst am Anfang, es gebe aber erste Erfolge.

se/fab (rtr, dpa, dapd, afp)