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Schon wieder Aufruf zur Fahnenflucht

16. August 2012

Die Machtbasis des syrischen Regimes bröckelt weiter. Ein Cousin von Vizepräsident Schara sagte sich vom Regime los. Er rief die Soldaten von Staatspräsident Assad auf, sich der Revolution anzuschließen.

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Syrien Vizepräsident Faruk al-Schara (Archivfoto: dpa)
Syrien Vizepräsident Faruk al-ScharaBild: picture-alliance/dpa

In einer Ansprache, die der Nachrichtensender Al-Arabija ausstrahlte, kündigte der Verwandte von Vizepräsident Faruk al-Schara (siehe Foto oben) dem Regime die Gefolgschaft auf. Er wurde als Cousin Scharaas und Chef einer Einheit des politischen Geheimdienstes identifiziert. Er soll sich mit einem weiteren Familienmitglied, das ebenfalls im Sicherheitsapparat beschäftigt war, nach Jordanien abgesetzt haben.

Vizepräsident Schara gehört zu den wenigen Sunniten, die unter der Herrschaft der alawitischen Assad-Familie in Spitzenpositionen gelangt sind. Er trat in den vergangenen Monaten kaum noch in Erscheinung. Zu Beginn der Krise 2011 hatten ihn Beobachter als möglichen Vermittler oder Übergangsregierungschef ins Spiel gebracht.

Erst vor zehn Tagen war der syrische Ministerpräsident Rijad Hidschab zur Opposition übergelaufen. Er verlas damals im arabischen Fernsehsender Al Dschasira eine Erklärung, wonach er sich von dem "mörderischen und terroristischen Regime" in Syrien losgesagt habe. Hidschab reiste mit seiner Familie nach Jordanien aus. Er hatte erst im Juni das Amt des Regierungschefs übernommen.

UNO: Kriegsverbechen in Syrien

Sicherheitsrat berät über Syrien-Mission

Am Donnerstag beriet der UN-Sicherheitsrat in New York über die UN-Beobachtermission in Syrien. Anschließend erklärte der französische UN-Botschafter Gérard Araud, die als Unsmis bekannte Beobachtermission werde auslaufen: "Wir alle hatten das Gefühl, dass die Bedingungen für eine Verlängerung nicht gegeben sind". Die Präsenz der UN in Syrien werde aber andauern. In einem Brief an UN-Generalsekretär Ban Ki Moon habe er die Eröffnung eines Verbindungsbüros in Damaskus unterstützt, sagte Araud.

Der französische Außenminister Laurent Fabius rief Präsident Assad nochmals zum Rücktritt auf. "Wir sehen, dass Assad sein eigenes Volk abschlachtet. Er muss gehen, und je früher, desto besser", sagte Fabius bei einem Besuch in der jordanischen Zeltstadt Saatari, die für syrische Flüchtlinge eingerichtet wurde. Er bekräftigte auch, dass Paris keine Waffen an die syrischen Rebellen liefere. Die "Freie Syrische Armee" erhalte von Frankreich nur "logistische Hilfe".

Westerwelle ermahnt Opposition

In Berlin mahnte Außenminister Guido Westerwelle die syrische Opposition, "möglichst rasch" einen gemeinsamen Plan für den politischen Übergang zu erstellen. Nach einem Treffen mit dem Oppositionspolitiker Riad Seif sagte Westerwelle: "Die Opposition muss für die Übernahme der Macht nach einem Sturz von (Präsident Baschar al-) Assad bereit sein." Fast eineinhalb Jahre nach Beginn der Proteste gegen Assad ist die Opposition nach wie vor zerstritten. Seif gehört dem Syrischen Nationalrat an, dem wichtigsten Oppositionsbündnis im Exil. Er saß in seiner Heimat mehr als acht Jahre im Gefängnis. Inzwischen lebt er in Deutschland.

Bei einem Angriff der syrischen Luftwaffe auf die Ortschaft Asas in der Provinz Aleppo wurden nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch mehr als 40 Zivilisten getötet worden. Beim Abwurf von mindestens zwei Bomben sei ein ganzer Häuserblock in Trümmer gelegt worden, hieß es in dem Bericht. Unter den Opfern seien viele Frauen und Kinder. Der Häuserblock lag in der Nähe eines Hauptquartiers der Rebellenmiliz Freie Syrische Armee, das aber nicht beschädigt wurde.

Männer suchen nach Habseligkeiten in einem zerbombten Haus in Asas bei Aleppo (Foto: Reuters)
Männer suchen nach Habseligkeiten in einem zerbombten Haus in Asas bei AleppoBild: Reuters

Muslimische Welt wendet sich ab

Nach Angaben von Aktivisten wurden am Donnerstag mindestens 62 Menschen von den Regierungstruppen getötet, die meisten davon in der Provinz Aleppo. Seit Beginn des Syrienkonflikts im März 2011 starben nach UN-Schätzungen mindestens 17.000 Menschen, Oppositionsgruppen sprechen sogar von mehr als 20.000 Toten. Inzwischen sind in Syrien nach UN-Angaben 2,5 Millionen Menschen auf Hilfe angewiesen. Die humanitäre Lage habe sich massiv verschlechtert, sagte die UN-Nothilfekoordinatorin Valerie Amos in Damaskus. Es fehle an Lebensmitteln, Unterkünften, sauberem Wasser und sanitären Einrichtungen.

Selbst in der muslimischen Welt gerät das Assad-Regime zunehmend ins Abseits. Mit großer Mehrheit beschlossen die islamischen Länder in der saudischen Stadt Mekka, die Mitgliedschaft Syriens in der Organisation der Islamischen Kooperation (OIC) auszusetzen. Die Teilnehmer des Treffens seien sich einig, dass die Gewalt umgehend aufhören müsse, hieß es. Die Arabische Liga und die meisten ihrer Mitglieder hatten schon im November mit dem Assad-Regime gebrochen. Saudi-Arabien, Katar, Jordanien und die Türkei unterstützen die Rebellen.

kle/hp (dpa, afp, rtr, dapd)