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"Schlappe für Schröder"

Britta Jahn3. Februar 2003

Die Niederlage der SPD bei den Landtagswahlen in Niedersachsen und Hessen beschäftigt europaweit die Zeitungen. Besonderes Augenmerk gilt den bundespolitischen Auswirkungen.

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Alle Gazetten sind sich darin einig, dass die Bundes-SPD geschwächt aus den Wahlen hervorgeht, da die CDU nun über eine klare Mehrheit im Bundesrat verfügt. Dort kann sie die wichtigsten Reformgesetze blockieren.

LE MONDE

aus Paris sieht, stellvertretend für viele Zeitungen, die Niederlagen der SPD als Folge der bundesweit ansteigenden Arbeitslosigkeit, der leeren öffentlichen Kassen und der verzögerten Reformen. Der in London erscheinende linksliberale GUARDIAN hingegen macht Bundeskanzler Gerhard Schröder persönlich für die Niederlagen verantwortlich. Die Wähler seien enttäuscht und fühlten sich von ihm hintergangen, weil der Kanzler die wahre Lage der öffentlichen Finanzen erst verkündete, nachdem er wiedergewählt worden war.

Für die spanische EL PAÍS sind die furiosen Wahlsiege der CDU ausdrücklich "nicht das Verdienst der eher konfusen Opposition". Eher seien sie der katastrophalen Regierung von Sozialdemokraten und Grünen und ihrer Orientierungslosigkeit geschuldet. Keiner bezweifle, dass momentan "CDU und CSU nur dort Erfolge einfahren können, wo die Sozialdemokratie sie ihnen schenkt."

Das SVENSKA DAGBLADET aus Stockholm betont ebenfalls, dass die regionalen und landespolitischen Fragen dem Wähler "egal" gewesen seien. Jetzt hofft das Blatt darauf, dass sich SPD und CDU auf längerfristige Reformvorschäge einigen können, ohne Rücksicht auf die starken Gewerkschaften und den linken Flügel der SPD nehmen zu müssen.

Die TIMES aus London sieht wegen der Wahlschlappen der SPD gar ein mögliches Komplott gegen Schröder. Auch wenn Niedersachsens Ministerpräsident Sigmar Gabriel den Kanzler nicht für die Niederlage verantwortlich machte, hätten andere Landesminister diese Erklärung sehr schnell parat gehabt.

Die konservative ABC aus Madrid glaubt hingegen, dass nicht Schröder, sondern die Grünen ein Opfer der neuen Machtordnung werden. Der Kanzler sei schließlich wegen seines Überlebensinstinkts bekannt. Wenn die christdemokratische Opposition nun drohe, Gesetze zu blockieren, würde Schröder nicht zögern, sich der CDU anzunähern - auch auf Kosten seines alten Partners.

Der liberale STANDARD aus Österreich prophezeit ebenfalls eine Annäherung der beiden Volksparteien. Dabei sieht er vor allem in Wirtschaftsminister Wolfgang Clement den Mann der Stunde. Seine jüngsten Initiativen zur Förderung des Mittelstandes seien "ein Schritt in die richtige Richtung". Dabei habe der Superminister erkannt, dass er nichts gegen die Blockademehrheit der Union im Bundesrat durchsetzen kann. Der SPD-Politiker müsse nur aufpassen "dass er den linken Flügel in seiner Partei und vor allem die Gewerkschaften nicht allzu sehr vor den Kopf stößt".

Für LE FIGARO aus Frankreich stehen die ersten Flügelkämpfe innerhalb der SPD fest, vor allem wenn der linke Parteidissident und alte Rivale Schröders, Oskar Lafontaine, aus seinem saarländischen Ruhestand heraustrete. Auch die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG sagt dem Kanzler harte Zeiten voraus, da Schröder Änderungen nicht nur in enger Kooperation mit der Opposition, sondern auch gegen heftigen Widerstand der Linken in der eigenen Partei verwirklichen müsse. "Dort wetzt man bereits die Messer."