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Scheitert in Deutschland der Bau von Batterien für E-Autos?

10. Dezember 2024

Mit der schwedischen Batterie-Fabrik Northvolt wollte die Bundesregierung die E-Mobilität voranbringen. Und förderte den Bau einer Fabrik in Heide in Norddeutschland mit 600 Millionen Euro. Jetzt ist die Firma pleite.

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Symbolbild: mehrere E-Fahrzeuge stehen an einer Ladesäule mit eingestecktem Ladestecker
Kommen die Batterien für Elektroautos bald aus Deutschland? Die Aussichten dafür waren schonmal besserBild: Wolfram Steinberg/picture alliance

Es war ein ehrgeiziger Plan, und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) ließ nichts unversucht, ihn zum Leben zu erwecken: Im Februar 2023 reiste der Vizekanzler extra nach Schweden, um der Batterie-Fabrik Northvolt seine Aufwartung zu machen. Rund einhundert Kilometer westlich von Stockholm, in der Stadt Västertås, besichtigte der deutsche Minister einen der beiden Standorte der Firma, die erst 2016 als Start-Up gegründet worden war. Northvolt sollte nichts weniger werden als Europas größte Fertigung für Batterien für Elektroautos. Besonders gut für Deutschland: Die Schweden planten, in Heide in Schleswig-Holstein eine Fabrik mit 3000 Arbeitsplätzen zu errichten.

Der Traum: Unabhängig werden von China

Das war so richtig nach Habecks Geschmack: Sich unabhängig machen von China bei Zukunftstechnologien wie Elektroautos, stattdessen europäische Lösungen finden. Und ganz nebenbei: Habeck stammt selbst aus Schleswig-Holstein. Eine Riesen-Investition in der strukturschwachen Region im nördlichsten Bundeslandes wäre auch ein persönlicher Erfolg.

Schweden, Stockholm: Robert Habeck neben Ebba Busch (2023)
Da waren alle noch voller Hoffnung: Habeck zu Besuch bei seiner schwedischen Amtskollegin Ebba Busch im Februar 2023Bild: Britta Pedersen/dpa/picture alliance

Habeck sagte damals der DW: "Wir haben bei solarer Energie eine Abhängigkeit vom chinesischen Markt von über 90, fast hundert Prozent. Wir drohen, zurückzufallen bei der Produktion von Wasserstoff- und Windkraftanlagen. Und das darf aus zwei Gründen nicht passieren. Europa muss im internationalen Wettbewerb ein eigenes, industrielles Gewicht behalten. Und zweitens sind diese Produktionsformen Voraussetzung dafür, dass wir auch sicherheitspolitisch krisenfester werden." Sein Zukunftstraum also: Elektroautos aus heimischer Produktion, versorgt mit Batterien aus Heide. Im März diesen Jahres war dann der Baubeginn.

600 Millionen Euro an deutschen Fördergeldern

Jetzt, im Dezember 2024, ist der Katzenjammer groß: Northvolt hat sich übernommen und musste in den USA Gläubigerschutz beantragen mit dem Ziel, sich zu restrukturieren. Mit anderen Worten: Das Unternehmen ist pleite und braucht neue Investoren. Ein Desaster auch für die Bundesregierung, denn Deutschland hat dem Unternehmen für die Ausbaupläne in Heide bereits rund 600 Millionen Euro aus Staatsgeldern zur Verfügung gestellt. Und die staatliche Kreditbank KfW, die das Geld bereits überwiesen hat, verlangt die Summe nun vom Staat zurück, je zur Hälfte vom Bund und vom Land Schleswig-Holstein.

Habeck: "Ist ein bisschen wie eine Blackbox"

Schon damals, im Februar 2023, war Habeck zwar voller Hoffnung, aber auch nicht sicher, ob das Geschäft wirklich gelingen würde: "Das kann ich nicht sagen. Es ist ein bisschen eine Blackbox. Ich würde sagen: Im Herbst 2022 war Northvolt entschieden, in Heide zu investieren."

Schweden | Northvolt Labs - modernes Gebäude mit der Aufschrift "northvolt"
In Västertås westlich von Stockholm liegt einer von zwei Standorten von Northvolt in Schweden Bild: Britta Pedersen/dpa/picture alliance

Aber fast zeitgleich legte US-Präsident Joe Biden ein gigantisches Programm auf, um den Klimaschutz zu fördern, über 360 Milliarden Dollar stark. Und die Gefahr bestand, dass die Schweden doch eher in Amerika Investieren würden und nicht in Deutschland. Habeck damals: "Das hat das Unternehmen nicht unbeeindruckt gelassen. Ich denke, es ist nicht falsch zu sagen: Sie haben sich in dem Moment gesagt, dann können wir nicht nach Heide gehen. Wir haben so viel unternommen, dass wir jetzt wieder im Spiel sind. Das kann aber noch immer scheitern."

Deutscher Standort offiziell nicht betroffen

Gescheitert ist es dann wohl, wenn auch aus anderen Gründen: Viele Komponenten für die Batterien beziehen die Schweden aus China, es kam immer wieder zu Verzögerungen bei der Lieferung, Northvolt konnte die versprochenen Stückzahlen nicht produzieren und geriet in die Krise. Offiziell ist der Plan, in Heide eine Fabrik zu bauen, nicht von der Pleite betroffen, aber das Unternehmen muss nun erst aktuelle Schulden begleichen und Gläubiger bedienen, die Deutschen müssen sich hinten anstellen. Das Unternehmen bekräftigte, am Bau in Heide festhalten zu wollen.

Vorwurf der CDU: Habeck hat nicht ausreichend geprüft

Und schon wird aus der Geschichte der Krise eines schwedischen Batterieherstellers in Deutschland eine Debatte um den Wirtschaftsminister, der auch Kanzlerkandidat seiner Partei für die wahrscheinlichevorgezogene Neuwahl des Bundestages im nächsten Februar ist. So sagte der Haushaltsexperte der konservativen CDU im Bundestag, Andreas Mattfeldt, Habeck habe offensichtlich in "keiner Weise vor der Unterschrift bei der Förderung die Solidität des Unternehmens geprüft". Das werde den Bundeshaushalt nun Millionen kosten. Und besonders drastisch äußerte sich Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder. Er sagte: "Sorry, das ist einfach inkompetent. Robert Habeck kann keine Wirtschaftspolitik. Warum sollen die Grünen, warum soll Robert Habeck weiter in der Regierung bleiben?"

Scholz: "Das werden wir weiter machen!"

In der noch amtierenden Regierung erhielt der Wirtschaftsminister allerdings Rückendeckung. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sagte jetzt bei einer Regierungsbefragung im Bundestag, strategische Komponenten für Elektroautos müssten in Europa hergestellt werden. Deshalb sei es richtig, dass der Bund den Bau von Batteriefabriken fördere. "Das werden wir auch weiter machen", sagte der Kanzler.

Deutschland  | Baustart für Northvolt-Batteriefabrik in Schleswig-Holstein: Mehrere Personen drücken auf einem Gelände gemeinsam mit den Handflächen einen Knopf, unter dem "northvolt Drei" steht - unter den Personen sind Kanzler Olaf Scholz (3. v. links) und rechts neben ihm Minister Robert Habeck
Beste Stimmung beim Baubeginn: Bundeskanzler Olaf Scholz (Bildmitte) und rechts neben ihm Wirtschaftsminister Robert Habeck in Heide im März 2024Bild: Marcus Brandt/dpa/picture alliance

In den beteiligten Bundesministerien ist die Enttäuschung über Northvolt dennoch spürbar. Die Entscheidung sei auch deshalb für Northvolt gefallen, weil die Batterien der Firma unter Experten als wirklich gut gegolten hätten und bereits gute Kontakte zu deutschen Autoherstellern wie VW bestanden. Ob die Fabrik noch errichtet wird, steht jetzt erstmal in den Sternen. In Heide hatten sich Menschen schon auf rund 3000 neue Jobs gefreut. Habeck jedenfalls will die Hoffnung nicht aufgeben. Er sagte im Bundestag, schon viele andere Unternehmen hätten sich restrukturiert und seien danach erfolgreich an den Markt zurückgekehrt. Die Chance bestehe durchaus, dass Northvolt sich neu aufstelle und sich saniere. Und dass dann doch irgendwann in Schleswig-Holstein Batterien für Elektroautos gebaut würden. 

 

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