1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Scharon will nicht nachgeben

Bettina Marx, Tel Aviv17. Januar 2005

Ariel Scharon hat Kontakte zu den Palästinensern abgebrochen und Israels Armee freie Hand im Kampf gegen palästinensische Extremisten gegeben. Steht der Nahe Osten vor einer neuen Welle der Gewalt?

https://p.dw.com/p/67y7
Nach dem jüngsten palästinensischen AnschlagBild: AP

Verzweiflung in der israelischen Kleinstadt Sderot. Jeden Tag landen hier die Kassam-Raketen, die vom nahen Gazastreifen aus abgefeuert werden. Manchmal sind es zehn oder mehr dieser ungenauen Kleinraketen, die Angst und Schrecken verbreiten, häufig Sachschaden anrichten und immer wieder Opfer fordern. Am Wochenende (15./16.1.2005) wurden zwei Kinder verletzt, als eine Rakete direkt neben ihnen einschlug. Auch drei der Opfer des Terroranschlags am Grenzübergang Karni kamen aus der von hoher Arbeitslosigkeit und Armut gebeutelten Stadt Sderot.

Am Sonntag kochten die Gemüter über. Lautstark protestierten die Einwohner der Kleinstadt gegen die Bedrohung durch die Raketen und gegen die israelische Regierung, die ihrer Meinung nach nicht genug zum Schutz der Bürger tut. "Was geschieht mit unseren Kindern", riefen sie und an den Ministerpräsidenten Ariel Scharon gerichtet: "Arik, tritt zurück!"

Scharon: "Wir haben nie nachgegeben"

Ariel Scharon
Ariel Scharon ist fest entschlossen: 'Wir haben nicht vor aufzugeben!'Bild: AP

Regierungschef Scharon wies die israelische Armee unterdessen an, die militärischen Operationen gegen die radikalen Gruppen im Gazastreifen auszuweiten. "Die Armee und die Sicherheitskräfte wurden angewiesen, die Operationen auszuweiten, um den Terror zu stoppen. Sie werden das ohne Beschränkungen tun, solange die Palästinenser keinen Finger rühren", gab Scharon bekannt. Das Volk Israel kämpfe schon mehr als 100 Jahre gegen den Terror. "Wir haben nie nachgegeben, und wir haben auch jetzt nicht vor aufzugeben", bekräftigte er seine Haltung.

Doch nicht allen Ministern in der israelischen Regierung reicht das aus. Landwirtschaftsminister Yisrael Katz vom rechten Flügel des Likud forderte mehr. Er sei für massive Vergeltung, für schwere Schläge. Nach Katz' Willen sollten "die Dächer von Gaza erbeben". Die Armee solle "ohne Gnade zuschlagen gegen die Terroristen und diejenigen, die ihnen Obdach gewähren". Seiner Ansicht nach sei es besser, "wenn die Einwohner von Gaza in den Sinai fliehen, als wenn die Bürger von Sderot nach Tel Aviv fliehen". Yisrael Katz griff auch zu Argumentationsmustern, die aus der Zeit von Palästinenserpräsident Jassir Arafat bekannt sind. Mahmud Abbas, sagte er, könne das Problem nicht lösen, denn er selbst sei Teil des Problems.

Abbas will beidseitigen Waffenstillstand

Vereidigung des neuen PLO Chefs Mahmud Abbas
Sind Abbas' Bemühungen schon so kurz nach seiner Amtseinführung gescheitert?Bild: AP

Der palästinensische Politiker Sufyan Abu Ziad wies die Anschuldigungen zurück: "Mahmud Abbas hat schon in seinem Wahlkampf deutlich erklärt, dass der Raketenbeschuss und die Anschläge aufhören müssen." Das sei der Grund, warum ihn die Mehrheit der Palästinenser gewählt habe. Ziad sagte, Abbas Interesse läge in einem beidseitigen Waffenstillstand und keiner einseitigen Waffenruhe. Nach Ziads Einschätzung wäre es unlogisch, "wenn Abbas von der Hamas verlangen würde, das Feuer einzustellen während die israelische Armee ihre Operationen wie immer fortsetzt mit Liquidierungen, Invasionen und Verhaftungen". Nur ein beidseitiger Waffenstillstand könne den Boden für ernsthafte Verhandlungen bereiten.

Das Exekutivkomitee der PLO, das höchste Entscheidungsgremium der palästinensischen Befreiungsorganisation, rief die militanten Gruppen im Gazastreifen am Sonntag auf, die Gewalt einzustellen. Die, so wörtlich "militärischen Aktionen" schadeten dem nationalen palästinensischen Interesse, hieß es in Ramallah. Am kommenden Mittwoch (19.1.) will Mahmud Abbas in den Gazastreifen reisen, um die militanten Gruppen zu einer Waffenruhe zu bewegen.