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Scharfe Reaktionen aus Europa auf das Vorgehen Kroatiens

30. September 2002

– Zagreb will den mutmaßlichen Kriegsverbrecher Bobetko nicht an Den Haag ausliefern

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Köln, 30.9.2002, DW-radio / Kroatisch

Kroatien ist von London und vom Europarat ernsthaft ermahnt worden, dass es zur bedingungslosen Kooperation mit dem internationalen Kriegsverbrechertribunal (ICTY – MD) in Den Haag verpflichtet sei. Dies erfolgte als Reaktion auf den Regierungsbeschluss, General Janko Bobetko im Augenblick nicht an das ICTY auszuliefern. Vielmehr sollen verschiedene haltlose Beurteilungen der Militäraktion "Medacki Dzep" (dt.: Medak-Becken) im Rechtsstreit mit dem Tribunal geklärt werden, betonte Kroatiens Premier Ivica Racan.

Es wurden intensive diplomatische Aktivitäten vereinbart, um die Position der Regierung - aber auch die des Parlaments zu verdeutlichen. Das Parlament hatte zuvor durch einstimmigen Beschluss die Exekutive verpflichtet, die Komponente der Befreiung im Vaterländischen Krieg vor den internationalen Institutionen zu verteidigen. Daher reist Parlamentspräsident Zlatko Tomcic zu einem eintägigen Besuch nach Rom und zum Heiligen Stuhl. Unmittelbar vor seiner Abreise nach Rom, das er auf eigene Initiative besucht, wiederholte Tomcic den Standpunkt Racans, dass sich Kroatien in einer sehr komplizierten Lage befinde. Die von Tomcic geleitete Delegation wird den Präsidenten des Abgeordnetenhauses des italienischen Parlaments (Pier Ferdinando – MD) Casini und den vatikanischen Außenminister (Jean-Louis – MD) Tauran treffen, um sie über die Absichten des offiziellen Zagreb zu informieren. Allerdings auch um jeglichen Verdacht auszuräumen, dass Kroatien die Kooperation mit dem ICTY abbrechen möchte, erklärte Tomcic.

Kroatiens Außenminister Tonino Picula reist mit dem gleichen Ziel nach Dänemark - dem augenblicklichen EU-Vorsitzenden. Die kroatischen Botschafter sind damit beauftragt worden, die Position der Regierung und des Parlaments zu verdeutlichen. Es herrscht jedoch der Eindruck vor, dass derartige diplomatische Aktionen bereits hätten unternommen werden sollen, noch bevor scharfe Reaktionen eingingen. Dass die Regierung davon absieht, das Verfassungsgesetz über die Kooperation mit dem ICTY zu ändern, auch wenn es angekündigt war, spricht ferner dafür, wie ernst diese Reaktionen in den offiziellen Kreisen aufgenommen wurden. Premier Ivica Racan verdeutlichte dies auch im Parlament: "Wir sind bereits mit negativen Folgen wegen dieser Situation konfrontiert. Alle – unabhängig von ihrer politischen Zugehörigkeit - die davon sprechen, dass negative Folgen unmöglich sind oder in noch drastischerem Maße nicht auftreten werden, geben sich einer Illusion hin". Premier Racan betonte ferner, dass seine Regierung Kroatien nicht in einen Konflikt mit der internationalen Gemeinschaft und in Sanktionen stürzen werde. (md)