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Scharfe Reaktionen auf Putsch in Guinea-Bissau

13. April 2012

Einmal mehr haben die Militärs im westafrikanischen Guinea-Bissau die Macht an sich gerissen. Das ist in dem bitterarmen Land schon fast Tradition – seit Jahrzehnten hat kein Präsident die volle Amtszeit überstanden.

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Militärputsch in Guinea-Bissau (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Zweieinhalb Wochen vor der geplanten Stichwahl um das Präsidentenamt schlugen die Putschisten zu. Die wichtigsten TV- und Radiosender des Landes wurden geschlossen, die Zentrale der Regierungspartei besetzt und Botschaftsgebäude umstellt. Örtliche Medien berichteten von heftigen Schießereien in der Hauptstadt Bissau. Auf den Straßen sei Panik ausgebrochen. Auf das Haus von Ministerpräsident Carlos Domingos Gomes Júnior wurde eine Granate abgefeuert. Der Regierungschef wurde ebenso wie der Interims-Präsident Raimundo Pereira von Soldaten festgenommen. Das Militär beherrscht das öffentliche Leben.

"Lage ist unübersichtlich und gefährlich"

Der Umsturz hat international scharfe Reaktionen ausgelöst. Die Afrikanische Union verurteilte den Putsch und warnte davor, den "demokratischen Prozess" zu "untergraben". Auch die ehemalige Kolonialmacht Portugal, die das Land 1974 in die Unabhängigkeit entließ, rief "vehement zur Beendigung aller Gewaltakte und zur Achtung des Gesetzes" auf. Der Staatsstreich werde dazu führen, dass "die militärischen Kräfte zur Quelle von Gewalt" würden, sagte der portugiesische Präsident Anibal Cavaco Silva. Dem solle die "internationale Gemeinschaft entschlossen entgegentreten". Der Ministerrat der Gemeinschaft Portugiesischsprachiger Länder (CPLP) berief für Samstag in Lissabon ein Krisentreffen ein.

Das Auswärtige Amt warnt bis auf Weiteres vor Reisen in den Staat: "Schwerbewaffnetes Militär der Putschisten beherrscht das Stadtbild. Die Lage bleibt unübersichtlich und gefährlich." Zwar versicherten Sprecher der Regierungspartei PAIGC im portugiesischen Radiosender TSF, Regierungschef Gomes Júnior sei wohlauf und "an einem sicheren Ort". Doch seine Ehefrau berichtete, ihr Mann sei von aufständischen Militärs festgenommen und auf der Ladefläche eines Pick-Up an einen unbekannten Ort verschleppt worden. Gomes hatte die erste Runde der Präsidentenwahl klar gewonnen und gilt auch als Favorit für die am 29. April geplanten Stichwahlen. Die Wahl soll die Nachfolge des im Januar verstorbenen Staatschef Malam Bacai Sanha regeln.

Auf das Haus von Ministerpräsident Carlos Domingos Gomes Júnior wurde eine Granate abgefeuert (Foto: dpa)
Auf das Haus von Ministerpräsident Carlos Domingos Gomes Júnior wurde eine Granate abgefeuertBild: picture-alliance/dpa

Die Gründe für den Putsch liegen im Dunkeln

Gomes Júniors Rivale Kumba Yala hatte jedoch angekündigt, die Stichwahlen wegen Unregelmäßigkeiten boykottieren zu wollen. "Es wird keinen Wahlkampf geben, das garantiere ich", hatte er noch kurz vor dem Militärcoup erklärt. Yala soll enge Beziehungen zum Militär unterhalten. Er wurde schon in vergangenen Jahren für Putschversuche verantwortlich gemacht.

Offiziell hat sich ein selbsternanntes "Militärkommando" der Streitkräfte zu Wort gemeldet: Man strebe keine Machtergreifung an, sei aber zum Handeln gezwungen worden, heißt es in einem Kommuniqué. Man habe sich vor "Manövern der Regierung" schützen müssen, die "die Streitkräfte mit Hilfe ausländischer Mächte" zerstören wolle. Die Putschisten verweisen auf ein angebliches Geheimdokument, das eine Intervention Angolas zu legitimieren versuche. Zum Schicksal des Ministerpräsidenten und des Interims-Präsidenten werden keine Angaben gemacht. Die angolanische Regierung wies die Vorwürfe zurück: Man habe nie vorgehabt, sich in interne Angelegenheiten Guinea-Bissaus einzumischen.

Nach einem Treffen mit den Armeechefs in Bissau am Freitag erklärten Parteivertreter, die Militärs hätten eine Regierung der Nationalen Einheit gefordert. Sie selbst wollten nur die Ministerien für Verteidigung und Inneres, nicht aber das Amt des Regierungschefs.

Westafrika zeigt sich instabil

Guinea-Bissau ist der zweite Staat in Westafrika binnen weniger Wochen, in dem Militärs putschen. Am 22. März hatten meuternde Soldaten in Mali Präsident Amadou Toumani Touré gestürzt. Auf Druck der Nachbarländer und der westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft Ecowas machten sie inzwischen jedoch den Weg für eine zivile Übergangsregierung frei.

rb/qu (afp, dapd, dpa)