Sansibar - die problematische Trauminsel
27. März 2005Sansibar im Januar 2001: Überall auf der halb-autonomen Inselgruppe ziehen Demonstranten durch die Straßen. Sie wollen das Ergebnis der Wahl im Herbst zuvor nicht anerkennen und verlangen Neuwahlen. Die Regierungspartei Chama cha Mapinduzi, kurz CCM, habe bereits zum zweiten Mal nur durch massive Beeinflussungen gewonnen. Der eigentliche Gewinner von Sansibar sei die CUF, die Civic United Front.
Ausländische Beobachter bestätigen den Vorwurf der unfairen Wahlen. Aber die Polizei geht hart gegen die Demonstranten vor. Die Bilanz: Dutzende von Todesopfern, verschreckte Touristen und gestrichene Entwicklungshilfe aus Europa. Immerhin bewirkte der Druck von außen und auch von innen einen Dialog zwischen den zerstrittenen Parteien und friedliche Nachwahlen in einem Teil der Inselregion.
Unruhestifter vor Tansania
Nun stehen in einem halben Jahr die nächsten Wahlen an - und schon sind neue Unruhen ausgebrochen: Nach Parteiveranstaltungen von CCM und CUF gingen die politischen Anhänger mit Stöcken und Steinen aufeinander los, zwölf Menschen wurden verletzt. Jede Partei schiebt dabei der anderen die Schuld in die Schuhe.
Seif Sharif Hamad, der Präsidentschaftskandidat der oppositionellen CUF, beschuldigt die Regierung, auch die Polizei für ihre Ziele einzusetzen: "Die Situation auf Sansibar ist in diesen Tagen vergleichbar mit Südafrika während der Apartheid. Die Polizei verhaftet mitten in der Nacht Mitglieder meiner Partei und misshandelt sie auf der Polizeistation", sagt Hamad. Er habe die internationale Gemeinschaft über die Zustände auf Sansibar informiert und sie gewarnt, "sich nicht von den schönen Worten von Sansibars Präsident Karume täuschen zu lassen."
Die Regierung streitet die Vorwürfe offensiv ab. In seiner jüngsten Presseerklärung sagte Präsident Karume, er habe keine Angst vor ausländischen Wahlbeobachtern. Sie sollten nur kommen und sich ein Bild von dem Maß der Demokratie auf Sansibar machen.
Neues Wahlverfahren
Die internationale Gemeinschaft hat sich nach dem Debakel vor fünf Jahren intensiv um bessere Bedingungen für die nächsten Wahlen bemüht. Daran mitgearbeitet hat Reinholf Einloft aus dem Büro der Friedrich-Ebert-Stiftung in Dar es Salaam: "Wir haben in Sansibar - darin ist auch die Bundesrepublik indirekt beteiligt - ein neues Wahlverfahren finanziert, das elektronisch gesteuert ist, damit die Wahlbeeinflussung technisch gemindert werden kann. Jetzt muss sich jeder einschreiben, sein Passbild und Fingerabdrücke nehmen lassen, damit nicht mehr so groß geschoben werden kann."
Trotzdem werfen sich CCM und CUF jetzt schon gegenseitig vor, den Einschreibungsprozess zu verfälschen. Recht damit haben wahrscheinlich beide, sagt Reinhold Einloft. Denn beide Parteien sind bereit, alle möglichen Mittel einzusetzen, um an die Macht zu kommen beziehungsweise sie zu verteidigen.
Unabhängigkeit als Ziel
Dabei geht es in Sansibar nicht um einen Kampf der Ideologien. Sowohl CCM wie auch CUF sind, wie die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung, muslimisch geprägt. Der eigentlich Streitpunkt ist die Frage der Unabhängigkeit Sansibars, zu dem neben der Hauptinsel auch die Insel Pemba und weitere kleine Inseln gehören. Bereits heute agiert Sansibar weitgehend autonom vom Festland Tansanias. Es ist zwar in der Unionsregierung vertreten, und der sansibarische Präsident ist zugleich Vizepräsident von Tansania, trotzdem hat Sansibar eine eigene Verfassung, ein eigenes Parlament und seit einem Jahr - auf Initiative der Regierungspartei CCM - sogar eine eigene Fahne. Die CUF aber will mehr: Sie möchte Sansibar als eigenständigen Staat etablieren.