1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
PolitikSüdkorea

Südkoreas Präsident Yoon Suk Yeol vom Dienst suspendiert

14. Dezember 2024

Einen ersten Anlauf für ein Impeachment hatte das Staatsoberhaupt noch überstanden. Nun zogen die Parlamentarier in Seoul nach Yoons Ausrufung des Kriegsrechts die Reißleine. Das letzte Wort hat das Verfassungsgericht.

https://p.dw.com/p/4o8wW
Südkorea, Seoul | Präsident Yoon Suk Yeol verteidigt Entscheidung über Kriegsrecht in TV-Ansprache
In einer Ansprache am Dienstag hatte Yoon Suk Yeol noch sein Vorgehen verteidigtBild: South Korean Presidential Office/Yonhap/AFP

Inmitten einer sich verschärfenden Staatskrise hat das Parlament in Südkorea Präsident Yoon Suk Yeol vom Dienst suspendiert. Übergangsweise soll Ministerpräsident Han Duck Soo die Aufgaben des Staatsoberhaupts übernehmen, bis das Verfassungsgericht endgültig über das Impeachment entscheidet; die Richter haben dafür 180 Tage Zeit.

Mit 204 Ja-Stimmen erhielt der Antrag im Plenum eine klare Mehrheit. Neben den 192 Abgeordneten des Oppositionslagers waren mindestens acht Abweichler in der Fraktion der regierenden Volksmacht-Partei (PPP) erforderlich, die mehrheitlich dagegen stimmte.

Sieben Parlamentarier der PPP hatten zuvor öffentlich angekündigt, sie würden für ein Impeachment votieren. Auch Parteichef Han Dong Hoon war als Unterstützer des Vorhabens aufgetreten. Ein erster Anlauf, das Staatsoberhaupt seines Amtes zu entheben, war vor einer Woche nach einem nahezu geschlossenen Boykott der Regierungspartei noch am Quorum gescheitert: Die benötigte Zweidrittelmehrheit kam nicht zustande.

Südkorea | Abgeordnete stiimen über die Amtsenthebung von Yoon Suk Yeol ab
Mit 204 Ja-Stimmen hatte das Impeachment sogar mehr Befürworter als nötigBild: Woohae Cho/Pool Photo/AP/picture alliance

Vor dem jüngsten Votum hatten erneut Zehntausende Menschen unter anderem vor dem Parlament in Seoul gegen Yoon demonstriert. Die Polizei teilte zwischenzeitlich mit, sie rechne mit insgesamt 200.000 Teilnehmern. Im Zentrum der Millionenmetropole versammelten sich nach offiziellen Angaben auch rund 30.000 Unterstützer des suspendierten Staatsoberhaupts.

Yoon sah "staatsfeindliche Kräfte" am Werk

Präsident Yoon hatte am Dienstag vergangener Woche überraschend das Kriegsrecht verhängt, die Entscheidung aber Stunden später nach massivem Widerstand und einem Veto des Parlaments wieder zurückgenommen. An diesem Donnerstag verteidigte Yoon sein Vorgehen noch in einer kurzfristig angesetzten Fernsehansprache. Er habe das Kriegsrecht zum Schutz der Nation ausgerufen, sagte der Präsident. Seine politischen Gegner seien "staatsfeindliche Kräfte", welche die Regierungsarbeit lähmten und die verfassungsmäßige Ordnung des Landes störten, erklärte der 63-Jährige.

Beobachter führen die Ereignisse vor allem auf einen Haushaltsstreit zwischen Regierung und Opposition zurück. Überdies stand Yoon schon länger persönlich unter Druck, etwa durch Ermittlungen gegen seine Frau wegen möglicher Korruption. Kritiker machen seine Regierung für die gestiegenen Lebensmittelpreise, die schwächelnde Wirtschaft und eine zunehmende Einschränkung der Meinungsfreiheit verantwortlich.

Ermittlungen auch gegen Polizeivertreter

Inzwischen gehen Staatsanwaltschaft und Polizei gegen mehrere mutmaßliche Verantwortliche für die Staatskrise vor. Unter ihnen sind auch ranghohe Armee- und Polizeivertreter. So wurde den Behörden zufolge ein Angehöriger des Militärkommandos von Seoul festgenommen. Zudem wurden Haftbefehle gegen den Polizeichef des Landes und den Polizeipräsidenten der Hauptstadt verhängt. Die Soldaten des Militärkommandos waren während des kurzzeitig geltenden Kriegsrechts auf den Straßen im Einsatz.

Südkorea Verteidigungsminister Kim Yong-hyun
Laut Behördenangaben hat der inzwischen festgenommene Verteidigungsminister Kim Yong Hyun in der Haft versucht, sich das Leben zu nehmen (Archivbild)Bild: Celal Gunes/Anadolu/picture alliance

Gegen Yoon selbst wird - ebenso wie gegen seine engsten Vertrauten - schon länger ermittelt. Er darf Südkorea derzeit nicht verlassen. Sein Verteidigungsminister Kim Yong Hyun, der als eine der treibenden Kräfte für die Verhängung des Ausnahmezustands gilt, wurde festgenommen. Nach Angaben der Gefängnisbehörden unternahm er am Dienstag im Gefängnis einen Suizidversuch, den er jedoch überlebte.

jj/sti (dpa, afp, rtr, ap)