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Linke fordert Ranges Rücktritt

1. August 2015

Generalbundesanwalt Range schlägt eine Welle der Empörung entgegen. Sein Ermittlungsverfahren gegen Blogger wegen Landesverrats stößt auf Unverständnis. Schon werden Rücktrittsforderungen laut.

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Generalbundesanwalt Harald Range (Foto: Getty)
Generalbundesanwalt Harald RangeBild: Getty Images/AFP/T. Kienzle

Nach dem Bekanntwerden von Ermittlungen gegen kritische Blogger sieht sich Generalbundesanwalt Harald Range mit Rücktrittsforderungen konfrontiert. Linken-Chef Bernd Riexinger forderte Range im Gespräch mit dem "Handelsblatt" auf, "seinen Hut zu nehmen", ähnlich äußerte sich FDP-Vizechef Wolfgang Kubicki im Interview mit der Zeitung "Welt am Sonntag". Auch aus anderen Parteien hagelt es weiter Kritik.

"Wie kommt man eigentlich auf die Idee, gegen ein paar Journalisten zu ermitteln, aber nichts dagegen zu unternehmen, dass Millionen Menschen ausspioniert werden?", sagte Riexinger dem "Handelsblatt". "Ich denke es ist an der Zeit, dass Generalbundesanwalt Harald Range seinen Hut nimmt, bevor noch mehr passiert oder besser gesagt unterlassen wird." Kubicki sagte der "Welt am Sonntag": "Wenn der Generalbundesanwalt die verfassungsrechtliche Rechtsprechung zur Pressefreiheit und zur Aufgabe von Journalisten nicht beachtet, dann ist er in seinem Amt eine Fehlbesetzung." Die Äußerungen von Justizminister Heiko Maas (SPD), der Zweifel an den juristischen Vorwürfen gegen die Blogger bekundete, bezeichnete Kubicki als "maximale Klatsche" für Range.

"Kanonen auf Spatzen"

Auch SPD-Innenexperte Burkhard Lischka kritisierte dessen Vorgehen. "Hier wird mit Kanonen auf Spatzen geschossen", sagte er der "Mitteldeutschen Zeitung" (Samstag). "Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Ermittlungen weiter geführt werden."

Reaktionen auf die Ermittlungen gegen Netzpolitik.org (Foto: Riekmann)
Reaktionen auf die Ermittlungen gegen Netzpolitik.orgBild: Arnd Riekmann (ARIK)

Am Donnerstagabend war bekanntgeworden, dass die Bundesanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen Journalisten von Netzpolitik.org eingeleitet hat. Der Generalbundesanwalt sah bei Gründer Markus Beckedahl und Autor André Meister einen Verdacht auf Landesverrat, weil sie Informationen des Bundesamts für Verfassungsschutz veröffentlicht hatten. Netzpolitik.org hatte in zwei Artikeln Pläne der Behörde zum Ausbau der Internet-Überwachung beschrieben und dazu Auszüge von vertraulichen Dokumenten ins Netz gestellt. Daraufhin hatte Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen Anfang Juli Anzeige gegen Unbekannt erstattet.

Ermittlungen auf Eis gelegt

Wegen des massenhaften Ausspähens von Bundesbürgern durch den US-Geheimdienst NSA wurde Ranges Behörde nicht in dieser Weise tätig - obwohl ihr Tausende von Anzeigen vorlagen. Auch nachdem bekannt wurde, dass der BND der NSA über Jahre geholfen haben soll, europäische Unternehmen und Politiker auszuforschen, leitete sie bisher kein Ermittlungsverfahren ein.

Markus Beckedahl von Netzpolitik.org (Foto: dpa)
Markus Beckedahl von Netzpolitik.orgBild: picture-alliance/dpa/B. Pedersen

Nach einer Welle der Kritik seitens Politik und Medien legte Range die Ermittlungen gegen Netzpolitik.org am Freitag vorerst auf Eis. Er sagte der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", seine Behörde verzichte mit Blick auf das hohe Gut der Pressefreiheit vorerst auf mögliche Exekutivmaßnahmen. In dem Ermittlungsverfahren sei zunächst zu klären gewesen, ob es sich bei den Veröffentlichungen um die Bekanntgabe eines Staatsgeheimnisses handelt. Dazu werde ein externes Sachverständigengutachten eingeholt. "Bis zum Eingang des Gutachtens wird mit den Ermittlungen innegehalten", erklärte Range.

Markus Beckedahl von Netzpolitik.org zeigte sich unterdessen "überwältigt" von der Solidarität für das Portal. Die Server seien wegen des Interesses "immer wieder zusammengebrochen", sagte er den "Ruhr Nachrichten". Einen solchen Ansturm hätten die Journalisten noch nicht erlebt. "Es gibt auch viele Angebote der finanziellen Unterstützung", sagte Beckedahl den "Ruhr Nachrichten". Darauf sei das Portal als spendenfinanzierte Redaktion auch angewiesen. "Wenn es zu einer Gerichtsverhandlung kommen sollte und wir guten und teuren Rechtsbeistand brauchen, könnte das im Extremfall unseren persönlichen Bankrott bedeuten", sagte er. Dass die Ermittlungen derzeit ruhen, sei indes kein wirklicher Fortschritt. "Die Botschaft ist ja, dass wir nur vorerst nicht mit Exekutiv-Maßnahmen rechnen müssen", sagte Beckedahl. "Wer weiß, wie es weitergeht, wenn die mediale Aufregung vorbei ist."

stu/fab (afp,dpa)