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"Russland hat WTO-Beitritt gegen Kyoto eingetauscht"

24. Mai 2004

– Reaktionen russischer Zeitungen auf die Ergebnisse des EU-Russland-Gipfels

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Moskau, 24.5.2004, INTERFAX, NOWYJE ISWESTIJA, ISWESTIJA, NESAWISSIMAJA GASETA

INTERFAX, russ., 21.5.2004

Der Chef des Ministeriums für wirtschaftliche Entwicklung German Gref und der EU-Handelskommissar Pascal Lamy haben ein Protokoll über den Abschluss der Verhandlungen zwischen Russland und der EU über den Beitritt der Russischen Föderation zur Welthandelsorganisation unterzeichnet. Das Protokoll wurde am Freitag (21.5.) beim Russland-EU-Gipfel in Moskau in Anwesenheit der Führung Russlands und der Europäischen Union signiert. Das unterzeichnete Protokoll legt die Bedingungen für den gegenseitigen Zugang auf die Warenmärkte der Russischen Föderation und der Europäischen Union fest. Präsident Wladimir Putin bewertete das unterzeichnete Protokoll als "seit langem erwartete, ausgewogene Übereinkunft". Wladimir Putin sagte ferner, dass das signierte Protokoll ein Ergebnis des Kompromisses beider Seiten sei. Ihm stimmte EU-Kommissionspräsident Romano Prodi zu. "Beide Seiten haben Zugeständnisse gemacht, die politisch und wirtschaftlich delikaten Fragen berücksichtigt, die für den jeweils anderen wichtig sind", so der Kommissionspräsident. Bertie Ahern, der Ministerpräsident Irlands, das derzeit den Vorsitz in der EU hat, sagte seinerseits, dass das 400 Seiten dicke Dokument ein "gemeinsamer Schritt zur Öffnung der Märkte in Europa und für neue Investitionen in Russland" sei. (...) (lr)

NOWYJE ISWESTIJA, russ., 24.5.2004, Anastasija Samotorowa

(...) Das Ergebnis ist ein Paket von Übereinkünften, darunter auch über das "Gas-Ultimatum". Die EU war gezwungen, auf die wichtigsten Punkte zu verzichten. Russland hat sich aber doch verpflichtet, die Gas-Preise für Industriebetriebe zu erhöhen. Die Kosten für 1000 Kubikmeter Gas liegen derzeit bei 27 bis 28 Dollar, bis 2006 sollen die Preise auf 37 bis 42 Dollar erhöht werden, bis 2010 auf 49 bis 57 Dollar. Herr Gref versicherte, dass diese Preise völlig der Strategie im Energie-Bereich entsprechen, die von der russischen Regierung gebilligt und bestätigt wurde.

Unverändert bleiben die Einfuhrzölle für Gas – 30 Prozent. Die EU hat sich für den Fall, dass diese die Preise für das Gas beeinflussen sollten, das nach Europa verkauft wird, die Möglichkeit ausgehandelt, entsprechende Verhandlungen mit uns aufzunehmen, so der Chef des Ministeriums für wirtschaftliche Entwicklung.

Was russische Einfuhrzölle für andere Waren betrifft, so werden diese von den jetzt durchschnittlichen 11,9 Prozent auf etwa 10,5 Prozent sinken. Das solle vor allem dank der Senkung der Zölle für technologische Ausrüstung erreicht werden. Russland hat sich ferner verpflichtet, die Einfuhrzölle für Industrieerzeugnisse mit maximal 7,6 Prozent festzulegen, für Fisch und Meeresfrüchte mit 11 Prozent, für landwirtschaftliche Erzeugnisse mit 13 Prozent. Beim letzten Punkt hat sich Russland allerdings das Recht vorbehalten, die Zölle zu erhöhen. Der EU ist es gelungen zu erreichen, dass die Kosten der europäischen Luftfahrtgesellschaften für Flüge über Sibirien gesenkt werden. (...)

Ergebnislos blieben die Versuche der EU, für europäische Finanzunternehmen bei Russland die Genehmigung zu erhalten, Operationen in unserem Land durchzuführen. (...) (lr)

NESAWISSIMAJA GASETA, russ., 24.5.2004, Natalja Melikowa

(...) Putin machte keinen Hehl daraus, was der Preis für die Verhandlungen zwischen Gref und Lamy war: "Die Europäische Union ist uns während des Verhandlungsprozesses um den WTO-Beitritt in einigen Fragen entgegengekommen. Das wird Auswirkungen auf unser positives Verhalten gegenüber dem Kyoto-Protokoll haben." "Wir werden Russlands Bemühungen um eine Ratifizierung des Kyoto-Protokolls beschleunigen", sagte der russische Staatschef. (...) (lr)

ISWESTIJA, russ., 24.5.2004, Natalja Ratiani

(...) Russland hat, auch wenn das offiziell so nicht zu hören war, in gewissem Maße WTO gegen Kyoto getauscht. Andererseits können wir jetzt für die Zustimmung, das Kyoto-Protokoll zu ratifizieren – ohne Russland tritt das nicht in Kraft - mit vollem Recht von Europa einfordern, sich aufmerksam gegenüber der Russisch sprachigen Bevölkerung in den EU-Staaten zu verhalten, die Visaregelungen mit allen Staaten der Europäischen Union möglichst bald zu erleichtern und die letzten offenen Fragen zu Kaliningrad zu klären. (...) (lr)