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Russische Unternehmen werden Global Player

Ingo Mannteufel25. Februar 2002

Gewöhnlich denkt man bei den Stichworten Russland und Kapital an westliches Geld, mit dem russische Betriebe gekauft werden. Es geht aber auch andersrum: russische Unternehmen, die in Europa oder den USA investieren.

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Moskauer Sitz von LukoilBild: AP

Das Interesse an Auslandsinvestitionen ist unter russischen Unternehmen groß. Vor allem Öl- und Gaskonzerne und andere Rohstoffproduzenten suchen nach attraktiven Investitionsobjekten außerhalb der Landesgrenzen. Doch auch Unternehmen aus der Telekommunikations- und Lebensmittelbranche sowie Banken eröffnen fernab der russischen Heimat Handelsvertretungen. Damit haben sie einen ersten Fuß in der Tür zur westlichen Wirtschaftswelt.

Die russischen Unternehmer scheinen verstanden zu haben, dass in einer globalisierten Wirtschaft nur Expansion vor westlichen Übernahmen schützen kann. Finanziell ist das für einige Unternehmen kein Problem: Erst kürzlich vermeldete etwa der russische Erdgasriese Gazprom eine Verdoppelung des Reingewinns im vergangenen Jahr. Nach vorläufigen Angaben betrug der Gewinn rund 3,72 Mrd. Euro.

Gazprom Hauptsitz in Moskau
Wolkenkratzer von GazpromBild: AP

Energiekonzerne an vorderster Front

Der Erdgasmonopolist Gazprom war einer der Vorreiter russischer Unternehmen im Ausland: So gründete er beispielsweise zusammen mit der Wintershall AG, einer 100-prozentigen Tochter des Ludwigshafener Chemiekonzerns BASF, in den neunziger Jahren das Gemeinschaftsunternehmen Wingas. Mittlerweile ist dieser Erdgas-Importeur Deutschlands zweitgrößter Gasanbieter.

Im Dezember 2000 kaufte der größte russische Ölkonzern Lukoil das amerikanische Unternehmen Getty Petroleum Marketing Inc., das in zwölf Bundesstaaten an der amerikanischen Ostküste nach eigenen Angaben 1263 Tankstellen besitzt. Damit kann Lukoil international nicht nur Rohöl, sondern auch Ölprodukte wie Benzin direkt an den Endverbraucher verkaufen. Lukoil beteiligt sich auch am Rennen um das Aktienpaket von Hellenic Petroleum, Griechenlands größter Ölraffinerie. Die griechische Regierung plant, ihren Anteil von rund 60 Prozent auf unter 50 Prozent zu verringern, indem 15 bis 30 Prozent der Anteile verkauft werden.

Vagit Alekperov
Lukoil-Chef Wagit AlekperowBild: AP
Yukos Logo mit Thumbnail
Logo von Yukos

Vor wenigen Wochen äußerte das zweitgrößte russische Ölunternehmen Yukos Interesse an der Übernahme deutscher Raffinerien und Tankstellennetze. In einem Zeitungsinterview nannte Yukos-Chef Michail Chodorkowski die Summe von rund zwei Milliarden US-Dollar, die sein Unternehmen in den kommenden zwei Jahren für Akquisitionen im Westen auszugeben gedenke. Außer in Deutschland sondiere der Ölkonzern auch die Lage in Italien und der Slowakei.

Vor allem Raffinerien und Energiehandelshäuser in Mittel- und Südosteuropa sind begehrt: Gazprom und Lukoil haben in mehreren Ländern der Region Investitionen getätigt. Damit steigt in ehemaligen Mitgliedsländern des von der Sowjetunion dominierten Rates für gegenseitige Wirtschaftshilfe der russische Einfluss - vielfach zum Leidwesen der dortigen Regierungen.

Das Bild vom Räuber-Kapitalisten

Hinderlich für russische Unternehmen, die im Ausland investieren wollen, ist das schlechte Image russischer Industrieller: Seit dem Zerfall der Sowjetunion bestimmen vielfach Berichte über mafiaartige Strukturen, Kapitalverbrechen, Steuerhinterziehung, Geldwäsche und Korruption das westliche Bild von der russischen Geschäftswelt. Von der Absicht, dieses Zerrbild zu korrigieren, zeugen nicht nur Aufträge an PR-Agenturen, sondern auch die aufwändig gestalteten englischsprachigen Websites.