1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Rumänien hofft auf ausländische Investitionen

17. Oktober 2003

– Korruption hält Investoren ab – Bericht über Osteuropa-Investitionsgipfel in Bukarest

https://p.dw.com/p/4Cb8

Bonn, 17.10.2003, DW-radio / Rumänisch, Stefan Candea

Am 14. und 15. Oktober fand in Bukarest der Eastern European Investment-Gipfel statt, organisiert vom UN-Entwicklungsprogramm und vom International Harald Tribune. Das zentrale Thema des Gipfels war die Ausweitung der Investitionen nach Osteuropa. Darüber, wie dieses Ziel erreicht werden könnte, unterhielten sich Politiker aus Osteuropa und der GUS-Staaten mit Wirtschaftsexperten und Geschäftsleuten aus dem Westen. Stefan Candea berichtet aus Bukarest.

Die Investitionsrate in Rumänien wird dieses Jahr die 800 Millionen-Grenze nicht überschreiten, während andere ehemalige Ostblockländer wie Polen, die Slowakei oder die Tschechische Republik eine sechsfache Summe nachweisen können. Im Vergleich hat Rumänien in der Zeit nach der Wende nur 5 Prozent des gesamten Investitionsvolumens in der Region erreichen können. Ziel der Beratungen in Bukarest war es, Wege zu finden, um ein Wachstum des Investitionspotentials in den östlichen Regionen des Kontinents zu bewirken.

Jörg Himmelreich, Manager bei DaimlerChrysler, über die Gründe, die ihn bewegt haben, nach Bukarest zu reisen.

"Wir sehen natürlich Rumänien auch als einen wichtigen Markt im Zusammenhang mit der EU-Erweiterung im Jahre 2007 und wollen natürlich auch das zum Anlass nehmen, unser bisheriges Engagement, das wir ohnehin schon in Rumänien haben, auch noch weiter auszudehnen."

Daniel Daianu, ehemaliger Finanzminister Rumäniens, gibt sich dagegen eher skeptisch:

"Ich hätte mir gewünscht, dass mehr potenzielle Investoren an diesem Forum teilnehmen. Wir haben mehr solche Unternehmen erwartet. Andererseits überrascht es mich nicht. Es ist eine Tendenz, die sich schon seit einiger Zeit abzeichnet."

Wie wird Rumänien als Investitionsland im Westen beurteilt? Miklos Marshall, Geschäftsführer bei Transparency International, über die Folgen des vor kurzem veröffentlichten Berichts seiner Organisation. (Ein Bericht, in dem Rumänien auf Platz 83 unter dem Aspekt "Korruption" gelandet ist, dadurch als das korrupteste Land in ganz Europa gelistet wurde.)

"Leider bringt der Bericht keine guten Nachrichten, weil trotz der Bemühungen nicht viel erreicht wurde im Kampf gegen die Korruption. Das ist sicherlich kein gutes Zeichen für die ausländischen Investoren. Andererseits ist Rumänien auf dem Wege, die notwendigen Reformen zu verwirklichen und ist offen für diese Investitionen. Daher glaube ich nicht an einen Rückgang der direkten Investitionen."

Der Moderator des Bukarester Gipfels, Misha Glenny, fügt noch hinzu:

"Die Korruption ist hier tatsächlich ein Problem und was die politische Elite wirklich verstehen muss, ist das, was in der EU inoffiziell gesagt wird: Und zwar, dass Rumänien bis 2007 Zeit hat, der EU beizutreten. Wenn es das jedoch nicht schafft, dann wird das einen dramatischen Verlust an Vertrauen von Seiten der Investoren als Folge haben. Die Art von Korruption, von der wir sprechen, wird kurzfristig den Politikern Vorteile bringen, langfristig aber wird es dem Lande enorm schaden und sicherlich auch diesen Politikern, in Bezug auf deren Zukunftsambitionen. Ich glaube, es ist an der Zeit, dass Rumänien die Warnsignale aus Europa ernst nimmt."

Jörg Himmelreich von DaimlerChrysler sieht das anders. Er hofft, dass Schwierigkeiten durch Gespräche auf politischer Ebene überwunden werden können. Misha Glenny hält die offiziellen Signale, die von wichtigen und einflussreichen Politikern gesendet wurden, für entscheidend.

Ex-Finanzminister Daianu blickt mit gedämpftem Optimismus nach vorn.

"Wir können dieses Jahrzehnt oder die ersten Jahre dieses Jahrzehntes mit den 90er Jahren, den goldenen Zeiten nach der Wende, vergleichen. Damals war das Vertrauen in die wirtschaftlichen Zukunftsperspektiven der Übergansländer fast grenzenlos. So erklärt sich auch das hohe Investitionskapital, das anfangs in die Nachbarländer der EU geflossen ist. In der nächsten Zeit werden die Investitionen sorgfältiger überdacht und je nach Region entschieden werden. Das bedeutet nicht, dass Rumänien keine Investoren mehr anziehen könnte."

Misha Glenny weist auf die Vorteile des rumänischen Marktes hin.

"Es ist ein komplexes Problem und ich glaube, dass jedem geschadet wird, wenn man sagt: ‚Die EU ist sauber, die Barbaren warten draußen vor der Tür.‘ Was damit erreicht wird, ist, innerhalb der EU antirumänische, antialbanische oder antiserbische Gefühle zu entfachen oder die Furcht vor den herrschenden Mafia-Organisationen zu bekräftigen."

Glenny ist der Meinung, dass das Phänomen ‚Korruption' viel komplexer ist. Ein Land deswegen zu stigmatisieren löse jedoch kein einziges Problem, es sorge vielmehr für zusätzliche Spannungen.

"Rumänien ist ein wichtiger potenzieller Markt mit billigen und gut ausgebildeten Arbeitskräften. Es ist ein wichtiges Sprungbrett für Geschäftsbeziehungen in Südosteuropa und darüber hinaus in die Republik Moldau und in die Ukraine."

Miklos Marshall von Transparency International glaubt, dass ein sehr wichtiger Aspekt bei der Tagung in Bukarest außer Acht gelassen wurde.

"Das Hauptproblem meiner Meinung nach ist der ethische Aspekt dieses Phänomens. Da gibt es noch vieles zu tun. Wir denken, dass die Bevölkerung diese notwendigen Veränderungen grundsätzlich falsch einschätzt. Wenn sie einen gewöhnlichen Rumänen, Ungarn oder sonst jemanden in der Region fragen, wird er den Kapitalismus mit Dieben und Verbrechern identifizieren. Das ist ein enormer Verlust in ethischer Hinsicht, weshalb die internationale Geschäftswelt und die Regierung viel mehr für das Ansehen der wirtschaftlichen Veränderungen tun müssen." (fp)