Ritter und ihre Turniere
Im Dresdener Residenzschloss zeigt eine Dauerausstellung, wie aus Kriegsspielen ein Sport wurde. Rüstungen und Waffen der Ritterturniere aus dem 15. bis 17. Jahrhundert dokumentieren den Freizeitspaß des Adels.
Vom Krieg zum Sport
Heute würde man sagen "Mega-Event", damals hieß es Turnier. Die Teilnehmer stammten aus dem Adel, aber auch die einfachen Bürger durften zuschauen. Ursprünglich waren die Ritterturniere als Vorbereitung auf den Krieg gedacht. Seit dem Ende des 15. Jahrhunderts hatten die Turniere jedoch eine andere Bedeutung: Sie waren fester Bestandteil des höfischen Zeremoniells geworden.
55 Mal tritt der Landesfürst selbst an
Das Dresdener Residenzschloss zeigt in einer neu eröffneten Dauerausstellung alles, was Ritter für die Turniere benötigten. Auch der Herrscher selbst nahm teil: Kurfürst August von Sachsen stellte zwischen 1544 und 1566 in insgesamt 55 Turnieren sein Geschick unter Beweis.
Das Scharfrennen
Ein beliebtes Turnier war das Scharfrennen, auch Angezogenrennen, genannt. Dabei war es das Ziel, den Gegner mit einer Lanze vom Pferd zu stoßen - also nicht ungefährlich. Die Innenseite der Brustpanzerung besteht aus Blei, das sollte für bessere Balance sorgen. Die Ausrüstung wurde in Wittenberg und Dresden hergestellt, die Textilien sind Nachbildungen.
Spiele werden weniger gefährlich
Mitte des 16. Jahrhunderts wurde das Scharfrennen durch das deutlich weniger gefährliche "Welsche Gestech" oder "Pallienstechen" ersetzt. Die Sachsen hatten sich diese Form des Turniers in Italien abgeschaut. Die Kämpfer ritten aufeinander zu, mit dem Ziel, die Lanze an der Tartsche (dem Schild) oder am Helm des Gegners zu zerbrechen.
Stumpfe Waffen
Zwischen 1606 und 1679 wurden mindestens elf Fußturniere in Dresden abgehalten - meist auf dem Schlosshof. Für den Ablauf gab es genaue Regeln: Der richtige Abstand zum Gegner musste gewahrt werden. Wer das Schwert oder den Spieß fallen ließ, schied aus. Ziel war es, mit der eigenen Waffe, Kopf oder Brust des Gegners zu treffen - die Waffen waren stumpf.
Nur für starke Männer
Die Rüstung bei einem Fußturnier wog 20 bis 30 Kilogramm, erklärt Kurator Holger Schuckelt. Dazu kam das Gewicht der regulären Kleidung und der Waffe. Von einem leichten Kampf kann nicht die Rede sein. "Die Turniere im Kino sind meist reine Erfindung und haben nichts mit der Wirklichkeit zu tun", sagt auch Schuckelt.
Hosenbandorden für den Kurfürsten
Die 350 Objekte der Dauerausstellung sind im neuen Riesensaal des Schlosses zu sehen. Zuletzt wurde der Saal vor 460 Jahren in der vollen Größe genutzt. Kurfürst Johann Georg IV. (1668-1694) bekam hier 1693 den Hosenbandorden verliehen - heute der exklusivste Orden von Großbritannien. Maler Johann Samuel Mock hielt die Szene fest.
Das Ende der Ritterzeit
Ein Schlossbrand zerstörte 1701 den Saal. August der Starke (1670-1733) ließ das ganze Schloss neu gestalten. In seine Regierungszeit fallen die letzten wirklichen Ritterturniere. Sein Sohn veranlasste einen weiteren Umbau und machte aus dem Riesensaal "nur" noch das Privatgemach seiner Gattin Maria Josepha. Der Rohbau des wiederhergestellten Riesensaals wurde 2007 fertiggestellt.