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Riss der Patellasehne: seltene und schwere Knieverletzung

24. September 2024

Marc-André ter Stegen, Torwart der deutschen Fußball-Nationalmannschaft, hat sich die Patellasehne gerissen. Wie schwer ist die Verletzung? Wie wird sie behandelt? Und wie lange dauert es, bis er wieder fit ist?

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Nahaufnahme bandagiertes Knie des Fußballers Julian Niehues vom 1. FC Kaiserslautern
Der Riss der Patellasehne ist eine schwere Knieverletzung, kommt aber viel seltener vor als beispielsweise ein KreuzbandrissBild: Daniel Karmann/dpa/picture alliance

Welche Funktion hat die Patellasehne?

Sie verbindet die Kniescheibe (Patella) mit dem Schienbeinknochen (Tibia). Damit ist die Patellasehne streng genommen eigentlich keine Sehne, sondern ein Band. Bänder verbinden Knochen mit Knochen, Sehnen stellen eine Verbindung zwischen Knochen und Muskeln her. Sie überträgt die Kraft des Oberschenkelmuskels auf den Unterschenkel und ist damit für die Streckung und Beugung im Kniegelenk zuständig.

Was passiert bei einem Riss der Patellasehne

Die Verletzung ist zwar schwer, aber auch viel seltener als beispielsweise ein Kreuzbandriss, ein Riss der Oberschenkelsehne oder ein Bruch der Kniescheibe. Bei einer Patellasehnenruptur spüren die Patienten in der Regel ein Knacken und direkt einsetzenden Schmerz im Knie. Das Gelenk schwillt an.

Weil der Oberschenkelmuskel nach dem Riss keine untere Verankerung mehr hat, verkürzt er sich und zieht die Kniescheibe mit nach oben. Patienten können ihr Knie nicht mehr strecken und das betroffene Bein nicht mehr vom Boden abheben.

Wie kommt es zum Riss der Sehne?

Auslöser können Sportunfälle sein, bei denen die Krafteinwirkung auf die Sehne zu groß wird - zum Beispiel durch einen Sturz beim Skifahren. Aber auch bei Sportarten wie Fußball, Basketball, Volleyball oder Tennis, zu denen viele Sprünge und Landungen sowie schnelles Abstoppen und Richtungswechsel gehören, kommt sie häufiger vor.

Allerdings tritt eine komplette Ruptur der Patellasehne insgesamt selten auf. In der Regel ist eine Patellasehne vorgeschädigt, bevor sie komplett reißt - durch Mikrotraumen, dauerhafte Entzündungen oder eine längere Cortisontherapie, die die Sehne geschädigt hat.

Ein Riss einer vollkommen gesunden Sehne passiert kaum. Auch Nationaltorwart Marc-André ter Stegen musste sich in den vergangenen Jahren öfter an der Patellasehne behandeln lassen, ist früher bereits daran operiert worden und fiel deswegen für die EM 2021 aus.

Wie läuft die Behandlung ab?

Um die volle Funktionstüchtigkeit des Knies langfristig wieder herzustellen, muss der Riss einer Patellasehne operiert werden. Die Operation findet heutzutage minimal-invasiv per Arthroskopie statt. Die Enden der gerissenen Sehne werden wieder aneinandergenäht und, falls nötig, durch körpereigenes Sehnenmaterial verstärkt.

Ist die Sehne vom Knochen abgerissen, wird sie mit Bohrungen und Nähten dort wieder verankert. Die Position der Kniescheibe kann zeitweise durch Drähte fixiert werden, die man nach einigen Wochen wieder entfernt.

Wie lange dauert die Heilung?

Nach der OP dauert es sechs bis zwölf Monate, bis die Sehne ausgeheilt ist - bei kompliziertem Heilungsverlauf noch länger. Weil die Stabilität der genähten Sehne erst nach Monaten wieder zunimmt, dürfen vorher keine starken Zugkräfte auf die Naht wirken. Das Bein wird daher in einer Streckschiene ruhiggestellt und nur bei krankengymnastischen Übungen bewegt - zunächst passiv durch den Physiotherapeuten, später auch durch aktive Übungen des Patienten.

Physiotherapeutin arbeitet an Knie von Patient mit Kniebandage
Nach einem Riss der Patellasehne muss das geschädigte Knie langsam wieder an Bewegung und Belastung gewöhnt werdenBild: Andriy Popov/Panther Media/picture alliance

Sportliche Betätigung ist in der Regel für mindestens sechs Monate ausgeschlossen. Bei einem Profifußballer wie Marc-André ter Stegen wird die physio- und sporttherapeutische Betreuung während Reha aber intensiver sein als bei "Normalpatienten", so dass er möglicherweise früher und gezielter sportliche Übungen ausführt als Patienten, die nicht auf eine Rückkehr in den Profisport hinarbeiten.

Was sind mögliche Spätfolgen?

Das hängt vom Alter des Patienten und der Schwere der Verletzung ab, außerdem spielt eine große Rolle, wie gut Nachbehandlung und Rehabilitation sind. Es kann dauerhaft zu Einschränkungen der Kniefunktion kommen, zum Beispiel was Stabilität des Gelenks und die Bewegungsfähigkeit bei Beugung und Streckung angeht.

Einige Patienten haben auch nach überstandener Reha oft Knieschmerzen, zum Beispiel, weil die Sehne sich durch Belastungen entzündet oder sich Narbengewebe gebildet hat, was einen erneuten Riss begünstigen kann. Außerdem besteht das Risiko, dass es im operierten Knie zu Knorpelschäden und Arthrose kommt.

Gibt es andere prominente Sportlerinnen und Sportler mit Patellasehnenruptur?

Da die Verletzung glücklicherweise relativ selten ist, muss man einige Zeit zurück gehen, um fündig zu werden: Der brasilianische Fußball-Weltmeister Ronaldo zog sich im Februar 2008 in Diensten der AC Mailand einen Riss der Patellasehne zu. Da der Vertrag des damals 37-Jährigen kurze Zeit später endete, wechselte er zurück nach Brasilien und stand ab 2009 für Corinthians Sao Paulo wieder auf dem Platz. Seine vorherige Form erreichte er aber nicht mehr.

Skirennfahrerin Anna Fenninger bei Siegerehrung mit Kristallkugel
Skirennfahrerin Anna Fenninger erlitt 2015 in der Saisonvorbereitung eine schwere Knieverletzung - dabei riss auch die PatellasehneBild: Jean-Christophe Bott/EPA/picture alliance

Auch bei Ski-Olympiasiegerin und -Weltmeisterin Anna Fenninger aus Österreich riss bei einem Trainingssturz im Oktober 2015 die Patellasehne - dazu erlitt sie einen Kreuzbandriss und weitere Verletzungen im Knie. Ein erstes Comeback ab Dezember 2016 musste sie wegen einer chronischen Entzündung der Patellasehne im anderen Knie nach kurzer Zeit abbrechen. Ein Jahr später versuchte sie es erneut, feierte auch einige Erfolge, unter anderem Olympia-Silber im Riesenslalom 2018, beendete ihre Karriere nach einem erneuten Kreuzbandriss im Januar 2019 aber endgültig.