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Republika Srpska entschuldigt sich für Srebrenica-Massaker

11. November 2004

– Anklagen von Hinterbliebenen gegen Banja Luka erwartet

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Bonn, 11.11.2004, DW-RADIO/Bosnisch, Stanko Smoljanovic

Die Regierung der Republika Srpska hat gestern an die Familien der Opfer des Massakers von Srebrenica vom Juli 1995 eine Entschuldigung gerichtet, in der sie feststellte, dass sich dort "ein Verbrechen großen Ausmaßes" abgespielt habe. Sie erklärte ihre Bereitschaft, die Täter, die für dieses Verbrechen verantwortlich sind vor Gericht zu bringen und fügte hinzu, dass "kein Verbrechen, unabhängig davon, wer es begangen hat, ungesühnt bleiben darf." Ein Beitrag von Stanko Smoljanovic:

In der Erklärung, die auf der Internetseite der Regierung der Republika Srpska (RS) veröffentlicht wurde, betont die Regierung, dass sie "im Schmerz der bosnisch-muslimischen Opfer gedenkt, die in der Offensive der serbischen Streitkräfte auf Srebrenica ungekommen sind," und drückt "ihre Trauer aus über die Tragödie, die sich in diesem Gebiet abgespielt hat".

Die Regierung erklärte ihre Absicht, alle Personen, die Kriegsverbrechen begangen haben vor Gericht zu bringen und betonte, dass "kein Verbrechen, egal wer es begangen hat, ungesühnt bleiben darf".

Der Pressesprecher der Regierung, Goran Radivojac, erklärte gegenüber der Deutschen Welle: "Wenn nicht jeder vor seiner eigenen Tür kehrt und die Sache durch einen echten rechtstaatlichen Prozess aufklärt, wird es und kann es nicht zur Versöhnung der Menschen kommen, die in der RS und in Bosnien-Herzegowina leben."

Auf die Frage, warum diese Entschuldigung gerade jetzt, fast zehn Jahre nach der Tragödie erfolgt, die in der Republika Srpska offiziell bis heute nicht als "Völkermord" bezeichnet wird, sagte Radivojac: "Offensichtlich gab es von Anfang an nicht genug Mut und Entschlossenheit von einzelnen Mitgliedern der Kommission zur Untersuchung der Ereignisse von Srebrenica, die Arbeit ernst zu nehmen. Es bedurfte der Intervention des Hohen Repräsentanten und erst danach lieferte die Kommission gute Resultate und vollendete auch ihren Bericht."

Die Art und Weise, in der der Bericht über die Webseite der Regierung veröffentlicht wurde, lässt jedoch genug Raum für Spekulationen. Warum erfolgte keine öffentliche Erklärung des Premierministers, Dragan Mikerevic, wie es der Präsident Dragan Cavic getan hatte? Die Beobachterin Tanja Topic von der Friedrich-Ebert-Stiftung hegt Zweifel an der Ehrlichkeit der Entschuldigung: "Ich denke schon, dass Herr Mikerevic sich an die Öffentlichkeit hätte wenden müssen und eine öffentliche Entschuldigung hätte abgeben müssen wie es Cavic getan hat. Ich stehe auf dem Standpunkt, dass dieser Anfang leider sehr spät gekommen ist und die Anerkennung der Verbrechen sehr spät kam. Aber es ist die Voraussetzung für normale Beziehungen, dass sich die [serbische] Öffentlichkeit mit den begangenen Verbrechen auseinandersetzt, die in ihrem Namen begangen wurden."

Die Öffentlichkeit in Banja Luka hat die Entschuldigung bislang fast gar nicht kommentiert und ihr wurde in den Medien auch nur sehr wenig Platz eingeräumt. Die Entschuldigung selbst wurde in der führenden Zeitung "Glas Srpske" nur in einer knappen Nachricht erwähnt, und den positiven Reaktionen darauf wurde knapp eine halbe Seite eingeräumt. Die einzigen, die die Entschuldigung kommentieren wollten, waren Vertreter des Verbandes der ehemaligen Lagerinsassen, die betonen, dass die Entschuldigung der Regierung abgenötigt worden sei. Slavko Jovicic, Sprecher des Verbandes sagte gegenüber der Deutschen Welle: "Dort wurden Verbrechen begangen, aber Srebrenica wird erst jetzt wirklich für Ermittlungen geöffnet, und es wird sich dort zeigen, wer wirklich umgekommen ist und wer Verbrechen an unschuldigen Zivilisten begangen hat."

Nach dem Bericht der Regierung werden nun Klagen der Familienangehörigen der Opfer gegen die Regierung der RS erwartet. Nicht genannte Quellen sprechen davon, dass Regierungsvertreter erwarten, dass Entschädigungen in Höhe von acht Millionen Konvertiblen Mark gezahlt werden könnten.

Für die Deutsche Welle aus Banja Luka Stanko Smoljanovic (md)